implicit touch
Abb. 1 Katinka Bock, Stehen 2016 und Zarba Lonsa, 2015
Kuratorisches Begehren
implicit touch – dieser Neologismus markiert die doppelte Aufladung einer Berührung, wie sie in dem englischen Wort für Berührung, touch, als aktive Berührung und passives Berührtsein in eins fallen.[1] Das beigestellte Wort implicitappelliert an vorbewusste, aber vom Körper erinnerbare Wissensformen. Diese durchziehen alle Bereiche und können offensichtlich werden – gar aktiv eingesetzt, wenn jenes andere explizite (kognitive) Wissen an seine Grenzen stößt – etwa in produktionsästhetischen Zusammenhängen eines Handkontakts, um den es hier gehen soll. In diesen Neologismus eingegangen sind Aspekte und Theorien zu Erfahrung, Responsivität und Materialästhetik. Implicit touchwar Titel und Leitmotiv der Ausstellung des Kunstvereins Bamberg[2] zu künstlerischen Positionen und Vorgehensweisen, die ein Form-Werden verstärkt an den Körper binden und die Spuren handgreiflicher Interaktion mit Material programmatisch werden lassen. Virulent wird der Einsatz der Körper dann, wenn sich etwas Psychisches und Somatisches im Prozess bildnerischen Arbeitens niederschlägt. In Bezug auf den gezielten Einsatz von Hand oder Körper entsteht ein methodischer Spielraum zwischen ausgelagertem Objekt und schauenden Subjekten, ohne damit sogleich symbolisch fixiert zu sein: eine in die Werkform eingelassene Körperlichkeit händischer Arbeit spürbar werden zu lassen gelingt dabei mithilfe einer spezifischen Phänomenalität, die die Erfahrungen vor bzw. mit einem Werk konkret strukturiert und über ein notwendiges taktiles Sehen noch hinausweist. Deleuzes Begriff der Sensationzielt in eine ähnliche Richtung, wenn er über die Erfahrungssituation schreibt: „Ich als Zuschauer erfahre die Sensation nur, indem ich ins [Werk] hineintrete, indem ich in die Einheit von Empfindendem und Empfundenem gelange.“[3] Herausforderung für den Werkprozess sei insbesondere das Einfangen von Kräften. Eben dadurch sei keine Kunst figurativ. In der Kunst gehe es nicht um Reproduktion oder Erfindung von Formen.[4]
Abb. 2 Heinz Breloh, Bildhauer-Typ V, aus der Werkgruppe „Neun Bildhauer-Typen“, 40 x 40 x 40cm, Bronze.
Ça me regarde
Auf alle Fälle ist bei den gewählten Werken der Verstehensprozess notwendig anders gelagert. Sie arbeiten mit Körperlichkeit, ohne Körper in figürlicher Form oder Pose zu zeigen. Explikatives Benennen von Formen greift hier nicht, was nicht zuletzt Katinka Bocks Arbeit Stehen (Abb. 1) kennzeichnet. Beim ästhetischen Verstehen gelingt das Verstehen vielmehr, wenn ich – mit dem Philosophen Matthias Vogel gesprochen – „die sinnlich erfahrbare Beschaffenheit von x als durch y strukturierbar“[5] erfasse; diese Strukturierbarkeit sehe ich im Reservoir impliziter und sinnlich erinnerbarer Wissensformen als Figuriertheit eines bestimmten Selbst- und Weltbezugs[6] hinterlegt. Das bedeutet: körperlich ansprechbar bin ich, bzw. meine eigene Körperlichkeit ‚verstehe‘ ich (im Sinne eines Transformierens) anhand entsprechender Kunstwerke dann, wenn ich deren Plastizität als Strukturierung nutze, etwa wenn ich eine anthropomorphe Plastizität als eine durch Nachgeben und Gegenhalten auf einen erinnerten Fingerdruck hin erfasse und meinen begrenzt manipulierbaren Bezug zur Welt darin erfahre. Bruce Nauman erfasst den Aspekt dieses strukturellen Zusammenhangs in der Fotoarbeit Feet of Clay (erstmals 1966) sowie im Video Thighing (Blue) (1967) in verblüffender Tautologie zusammen und geht dabei über ein strukturelles Sprachspiel hinaus. Seine Füße wurden mit Ton übermodelliert, oder er knetet seine Oberschenkelmuskel durch wie rohen Ton. Diese provozierten, die Erfahrung bedingenden phänomenalen Eigenschaften vermögen ein Körpersein im Sinne einer anthropomorphen Strukturiertheit zu reflektieren, etwa als eine sich zeigende plastische Qualität, die sich in Werkform verdichtet darstellen lässt: in erstarrender Porosität, in Zerbrechlichkeit oder in einer weichen Dehnbarkeit des Materials – bis hin zu fragiler Balance, schwerer Lässigkeit oder geschmeidiger Durchfurchung.
Taktiles Sehen
In dem Prozess wird ein taktiles Sehen unterstellt – und erweitert, denn über so eine zum Ausdruck gebrachte Phänomenalität wird die Aufmerksamkeit für einen besonderen Wahrnehmungsraum ausdifferenziert, in dem eine „erstarrende Porosität“ auftritt – sowohl perspektivierend als auch, da sie diesen Wahrnehmungsraum strukturiert, ausrichtend.[7] Wenn Künstler*innen an ihren Werken unmittelbar ‚Hand’ anlegen, wenn sie im Prozess der Werkentstehung dem subjektiv wirksamen Körperwissen vertrauen, und sich im Prozess der Formung von der spezifischen Anmutung des plastischen Materials, von sich immer mehr anschmiegsamen oder abgrenzenden Formungen, also dem körperlich sich aufbauenden Gegenüber aussetzen, dann bleibt diese Nähe und – mehr noch als die Spur – die Qualität der Handgriffe in das Material eingeschrieben und dort gespeichert. Hier zeigt sich eine besondere Relation von „Berührung und Berührtem, von Abdruck und Abgedrücktem“[8]. Georges Didi-Huberman beschreibt dies so: Der Abdruck stelle eine Form gewordene Berührung dar und sei „dialektisches Bild“ und ein „Aufrühren all dessen […]: etwas, das uns ebenso die Berührung anzeigt (der Fuß, der sich in den Sand eindrückt) wie den Verlust (die Abwesenheit des Fußes in seinem Abdruck).“[9] In so einem ‚schweigenden‘ Kommunikationsraum verbindet die subjektive sinnliche Ausstattung die mehrseits involvierten Körper. Heinz Brelohs Werkreihe „Neun Bildhauer-Typen“ adressiert gezielt eine unterschiedlich differenzierte aisthetische Wahrnehmung (Abb. 2). Typ V ließe sich so charakterisieren, dass sich eine offenporige Form, auglos aber stimuliert, den Wahrnehmenden entgegenstreckt.
Der Schwerkraft trotzend behauptet sich dahingehend jene Tonrolle Katinka Bocks aus der gezeigten Bodenarbeit Stehen (2016) gegenüber dem gebogenen Eisenbügel, den die Künstlerin im paradigmatischen Vergleich daneben stehend vorsieht (vgl. Abb. 1 mit Stehen und Zarba Lonsa). In ihrem Film Zarba Lonsa (2015) wird wiederum das ‚Handling‘ der fertigen Tonform, deren mehrdeutige Vermittlung, Formen der Weitergabe und das darin (merkantil) Enthaltene miteinander verhandelt.[10] An derartige Phänomenalitäten, wie eine ‚erstarrende Porosität‘ oder ein Gespür für ein ‚Handling‘ sensibler Ware, schließt der Bereich des (Lacanschen) Imaginären an, der in die Werke der Ausstellung und deren plastische Eigenschaften eingelassen ist und eine Metakommunikation in Gang setzt.[11]
Das Wissen der Hand
Die Ausstellung zeigte, wie Handkontakte, die in den Bereich des Imaginären eingreifen, auf verschiedenen Ebenen einer Werkformung professionalisiert werden können. Der Naturwissenschaftler und Philosoph Michael Polanyi würdigt prozessprägende intuitive Handgriffe mit dem Begriff eines tacit knowing. Im deutschen Sprachgebrauch hat sich die Rede von impliziten Wissensformen durchgesetzt, die der Neurowissenschaftler Ernst Pöppel von explizierbaren Wissensformen oder einem durch die Sinnesaktivität gewonnenen Anschauungs- bzw. Sinnenwissen abgrenzt.[12] Freilich hängen alle Formen vernetzt zusammen: So ein ‚schweigendes‘ Wissen ist demnach sehr viel mehr als eine kompetente Technikanwendung. Eine gewisse ‚Fühligkeit‘ als Wissen der Hände (vgl. Abb. 2, Heinz Breloh, Bildhauer-Typ V) bringt nicht nur Künstler*innen dazu, ihren Händen zu vertrauen, sie nach entsprechender Bildung machen zu lassen – man denke nur an operierende Ärzte. Begreifen durch Anfassen ist außerhalb der Profession in den Konventionen des Alltags zumeist bagatellisiert, reglementiert oder gar tabuisiert. Streicheln ist vermeintlich Privatsache, handgreifliches Zupacken gilt vielfach als bloße Notwendigkeit oder als Schicksal von weniger Privilegierten. Solche Konnotationen verkennen das Begehren nach materieller und körperlicher Resonanz – und die Lust und das Potential, entlang so einer imaginären Spiegelung, betroffen zu sein. Ça me regarde: allein eine Form kann betroffen machen; der „Bug der Brust“ des „Archaïsche[n] Torso Apollos“ (1908) könnte Rainer Maria Rilke sonst nicht ‚blenden.‘[13] Vor dem Hintergrund impliziten Wissens kann davon ausgegangen werden, dass im Material das Prozesshafte eines sensiblen Dialogs zwischen den Eigenheiten und spezifischen Widerständen der jeweiligen Materie und der Hände, die sich involvieren, in besonderer Weise eingelagert ist und sich spezifisch zeigt, sodass auf impliziter Ebene der eröffnete Resonanzraum als Differenzerfahrung zwischen Leibsein und Materialsein, zwischen Psyche und Soma andauert. Immer wieder aufs Neue wird die körperliche Entsprechung eines vielfältigen Handkontakts (als Spiegelung und Spur) in der materialen Objektivation wahrnehmbar.
Abb. 3 Hans Josephsohn, Ohne Titel, 1979/85, Ohne Titel, 1987, Reliefskizzen; Ohne Titel, 1998, Ohne Titel, 2003, Relief (identisch zur ersten links)
Das Konzept der Ausstellung implicit touch setzte Berührung und Responsivität als Kern jeder Wahrnehmungserfahrung, die sich als inhärente Kraft der Kunst zeigt und einen ‚angehen‘ soll. Das äußerte sich offensichtlich in der Größe mancher Werke, die mit der Körpergröße des Gegenübers rechnen und das rezipierende Subjekt davor ausrichten: Mal musste man deswegen nah ran gehen, und mal wieder Abstand suchen, wenn die Nähe der Werke zu massiv wird. Im Nebeneinander entwickeln sie einen stummen Dialog. Manche Formen erschließen sich gar erst auf Abstand, oder verlangen nach einer anderen Zuwendung: So bilden sich die gezeigten Messing-Reliefs Hans Josephsohns erst mit der Zeit und aus einem gewissen räumlichen Abstand zu sehr präzisen Formgebungen heraus, gerade wenn man sich mit seinem Körper sachte vor den Werken hin- und herbewegt. Das sacht erlebte Werden und Zurücknehmen von körperhaften Formen braucht eine Verweildauer, schon deshalb weil die Rezipientinnen am Aufbau des dafür notwendigen Resonanzraums mit beteiligt sind. Form und amorphes Werden liegen bei Josephsohns Figurationen eng beieinander, was er in materialästhetische Zusammenhänge überführt: jede weitere Schicht noch cremigen Gipses enthält Formung und Formauflösung zugleich. Und das gewählte Messing im Transformationsprozess des Abgusses verstärkt mit seinem matten Schimmer die feinen Modellierungen der Bearbeitung und pointiert diese Flächen in Form von subtil herausleuchtenden Graten der ursprünglichen Gipskanten.
Fragen der Produktionsästhetik
Die Ausstellung umkreiste eine heikle Situation im Werkprozess, gilt es doch, die Spannung zwischen Gestaltwerdung und Fixierung, also dem Werden eines Gestalthaften und seiner Fixierung als Gestalt auszureizen, und um die Frage, welche Aspekte dieses Prozesses sich in der Wahrnehmung der Betrachter*innen erhalten. Dieses Werden und Fixieren spielt sich innerhalb der Materialität unterschiedlich ab z.B. in erstarrendem Gips anders als in brennbarer plastischer Tonmasse. Welche Atmosphären werden dadurch geschaffen, welche Resonanzräume wachgerufen, welche Energien freigesetzt? Aus produktionsästhetischer Perspektive interessierte in Bezug auf die Materialwahl weiter, wie sich so ein transgressives Vorgehen mit einem konzeptuellen und repräsentationskritischen in Einklang bringen ließe, womöglich als Flirt mit dem Archaischen? Wieviel Geste, wie viel irritierender Materialüberschuss und unmittelbare Körperspur verträgt eine solche Balance, die sich in langjähriger professioneller Handhabung mit Material, Form und Idee routinierte? Wieviel doing gender hat sich inzwischen in das Begehren nach Ursprünglichemeingeschlichen?[14]
Methode der Kunst
Die Orientierung beim Tun gleicht einem „Handeln ohne Darstellungsabsicht“, dessen fruchtbares Paradox Thomas Lehnerer zur genuinen „Methode der Kunst“ erhob. Sie sei konkret niemals im Vorhinein, sondern stets nur im Nachhinein am einzelnen Werk sichtbar, womit er auch deren Abstrahierbarkeit oder deren verbale Synthetisierbarkeit meint. Lehnerers Argumentation lässt sich über implizite Wissensformen einholen, die sich in der „Poetik“ des Tuns niederschlagen, ohne berechenbar oder operationalisierbar zu sein. Poetik nach Umberto Eco ist „das Operativprogramm, das der Künstler von Fall zu Fall entwirft.“[15]
Diese Unberechenbarkeit ist keine Willkür, hat aber eine paradoxale Struktur: Zwar sei die Freiheit der Realgrund der künstlerischen Methode, doch zugleich der Erkenntnisgrund für die Nichterkennbarkeit dieser Methode im Voraus.[16]Daraus folgert Lehnerer, dass das Resultat dennoch (im Nachhinein) abstrakt, unter Absehung durch das Spiel entstandener Unberechenbarkeit, analysiert und berechnet werden könne, weil das Spiel, durch das alle Notwendigkeit und alle Verkettung in Freiheit verwandelt werde, seinerseits nur ein Spiel an sich notwendiger Zusammenhänge sei.[17] Dieses paradoxale Spiel ist etwas, was Künstler*innen implizit beherrschen. Dabei vertrauen sie dem Dialog mit dem Material. So kann das Material als relativ ‚freier Realgrund der künstlerischen Methode‘ angenommen werden, auch wenn dieser nur ein ‚Spiel an sich notwendiger Zusammenhänge‘ sei: Beim expliziten Zupacken der Hände in Ton etwa treffen sich gezielter Griff und pathische Responsivität, die sich hier im Modus achtsamer Ausrichtung beschreiben ließe – Cecile Huber und Markus Karstieß stehen dafür in der Ausstellung paradigmatisch. Das dabei entwickelte ‚Gespür‘ stellt entsprechend genannte implizite Wissensform dar. Sind beide Wissensformen körperlich wirksam, verschärft sich besagtes Paradox in zeitlicher und räumlicher Hinsicht: Im Kontext impliziter Wissensformen, die sich bei der Interaktion (als ‚Spiel‘) mit Material manifestieren, kann die Arbeit mit dem Unvordenklichen dennoch als händische Interaktion mit etwas Zukünftigem, Unbestimmten gefasst werden, obwohl diese nicht vorgängig ist, sondern in sich ständig aufschiebender Gegenwart mitentworfen wird, einer chronologisch explizierbaren Raum-Zeitlogik entzogen. Unmittelbarkeit kann in dieser Logik also ‚hergestellt‘ werden. Das Konzept der Ausstellung ist insofern auch ein Plädoyer, sinnliches Denken, Geschmeidigkeit und Formeleganz weiterhin als wesentliche Kriterien für Kunstwerke anzuerkennen – auch in konzeptueller und repräsentationskritischer Hinsicht.[18]
Performance oder Skulptur
Abb. 4 Simone Forti, huddle, (Performance) 1970/2017; Studierende der Kunstpädagogik der Universität Bamberg mit der Tänzerin Claire Filmon (links).
Den stärksten Knotenpunkt zwischen den Bereichen Kunst und Vermittlung bildete die „performative Skulptur“ huddle[19] von Simone Forti, weil sich hier Körperwissen und Körpersehen treffen, und sich eine am Anderen/Gegenüber geschärfte und vermittelte Eigenwahrnehmung differenziert, wie sie für das Thema händischen Begreifens zentral ist. Das huddle kann aus kuratorischer Perspektive sogar als eingeschobene Versuchsanordnung gesehen werden, die genau diese Art des körperlichen Nachvollzugs und Mitschwingens in der Rezeption unterstützt und übt. Denn bei huddle wird das spürende Bezugnehmen aufeinander und die Erfahrung, den eigenen Körper empathisch und zugleich skulptural-funktional in das Zusammenwirken mit anderen Körpern zu bringen, zum eigentlichen Material dieser Kunstform. Weil eine so an den Körper gebundene Wissensform wie bei huddle hier von Person zu Person live als Handlungsform weitergegeben wird (und nicht über Anschauungsmaterialien erklärt), brauchte es einen anderen Umgang damit. Die Tänzerin Claire Filmon musste laut Fortis Leihvertrag extra aus Paris anreisen, um die Studierenden wie die Dozentin in einem Workshop für Gegenstand und Ausführung der Performance zu sensibilisieren und zu befähigen. Tatsächlich zeigte gerade ihre Einführung, dass sich das ‚score‘, der Handlungsentwurf, nicht visuell erschließt; er ist schlicht nicht verfügbar, selbst wenn das die vielen huddles im Netz auf YouTube und anderen Plattformen vorgaukeln. Es braucht dafür eine bestimmte Haltung, jenes „Handeln ohne Darstellungsabsicht“ und gerade kein Kunstwollen, kein Posieren. Die Schönheit dieser Arbeit liegt für das Publikum in der Selbstverständlichkeit, mit der die involvierten (normalgewichtigen) Körper sich gegeneinander drücken und übereinander schieben, womit sie kraft ihres Leibseins Resonanz erzeugen. Damit dieser Perspektivwechsel gelingt und sich von den handelnden Körpern etwas auf die Zusehenden überträgt, braucht es einerseits das einfache und doch nicht alltägliche Setting, das Zeit und Raum anders zur Verfügung stellt und gleichsam medialisiert. Zum anderen muss dieses Werk mit jener entsprechenden inneren Haltung performt werden, weswegen wir im Wesentlichen übten, den Körper als Massevolumen und Kraftausdehnung einzusetzen, um uns dann gegenseitig wie einen Berg zu überqueren, zäh wie ein schwerbauchiges Krokodil, aber unermüdlich und konzentrierter bei der Sache als bei sich. Diese körperliche Anstrengung aus Bewegung, Gewichtsverteilung und Druck von der Fingerspitze bis zum kleinen Zeh wurde kein zeitgenössisches Reenactment, sondern ein 2017 erfolgreich performter ‚score’, der zwar aus dem Jahr 1970 stammt, sich nicht in rekonstruierten historischen aber in den heutigen Dimensionen von Körpern, Raum und Zeit entfaltet.[20] Den Ausschlag für den Unterschied in der plastischen Wirkung von huddle liegt an der Orientierung beim Tun, das die Komfortzone verlässt: Während sich bei manchem Reenactment der Verdacht einschleicht, betulich zu sein, weil die Orientierung, es ‚richtig’ zu machen, oder dabei gut auszusehen, sich auf die Performance überträgt, galt hier eine andere Orientierung. Es war ein sich selbst genügendes, autopoetisches Handeln, was die Tänzerin mit uns erarbeitete. Hinzu kam die Lust an der Entdeckung von Intersubjektivität als medial-materiellem Umschlagpunkt sowie der Genuss der gemeinsam erlebten Selbst- und Grenzüberschreitung anhand eigener und fremder Körpermaßen. Die Ineinander verhakten Körper, von denen sich immer wieder einer abhob, um sich dann erneut einzugliedern, wurden nüchternes und immer wieder temporär formbares Material. Im kollektiven ästhetischen Raum fungierten die Körper als plastisches Miteinander. Diese Orientierung überwand den Gestus der Betulichkeit, sodass so ein selbstbezogenes Handeln ohne Darstellungsabsicht tatsächlich zur intendierten skulpturalen Wirkung der Performance führen konnte, deren plastischem Miteinander man gerne beiwohnte.[21] Wird die von Lehnerer festgestellte „Unvordenklichkeit“ künstlerischer Methode auf die Werke der Ausstellung rückbezogen, lassen sich statt Gestaltungsintentionen eher Settings und Zugriffe rekonstruieren, wie sie im Beispiel des huddle sinnfällig wurden.
Abb. 5 Simone Forti, huddle, (Performance Dokumentation) 1970; rechts am Sockel: Heinz Breloh o.T., 61,5 x 48 x 28cm, glasierte Terrakotta
Spielregeln und Energiezentren
Heinz Brelohs Plastiken (vgl. Abb. 5 und 6) sind ebenfalls auf so ein Unbekanntes hin entworfen, sich entgegenstreckend, oder in die Höhe strebend, wobei mithilfe bestimmter Eigenschaften des Tons als Endform oder lediglich Modell eines Bronzegusses die materialen Eigenschaften (etwa von Verformbarkeit) überwunden werden sollen. Im Lichtsaal der Villa ist seine Plastik in auffordernder Vergleichbarkeit neben die Arbeit huddle platziert, weil es dieses in Ton zu transformieren scheint.
Breloh hat im Umgang mit Ton ein Gespür dafür entwickelt, wie sich die einzelnen Tonwürste vertikal stabilisieren und gegenseitig ausbalancieren können. Er bewegt seine Formung entlang den Eigenschaften der erdigen Masse: fest und doch leicht genug, um der Schwerkraft zu trotzen, bis der Brennvorgang den Status Quo fixiert. Dieses plastische Wissen liegt vor allem in den Händen, die sich täglich in das Material vertiefen: dessen Feuchtigkeit ermessen, die Plastizität antizipieren und die Materialstärke justieren. Die Formgebende Körperenergie nennt Breloh gemäß der sechs von ihm definierten Zentren aus Kopf, Geschlecht und den vier Extremitäten „Sechsender“. Mit dieser „Spielregel“ prägt er seine Körperdarstellungen; er stellte sich dazu sechs Energieknotenpunkte vor, die in unzähligen Variationen miteinander in Verbindung stehen, aber eben nicht in einer anatomischen. In seiner Arbeit wird eine existentielle Suche präsentiert, indem er die Bildhauerei intensiv mit seinem Körper verknüpft, ohne diesen abzubilden. Andere gezeigte Werke Heinz Brelohs entstehen allein als Zwischenraum seiner Bewegungen in Gips (vgl. Abb. 6). Dennoch werden seine Skulpturen zu einem körperlichen Gegenüber, in Form einer anschmiegsamen Negativform, einem geformten Platzhalter also, um ihn mit der Vorstellung eines (eigenen oder fremden, verliebten) Körpers, der sich darin, darum, bewegt, wieder zu füllen.
Abb. 6 Heinz Breloh, Harry und Ich, 1998, Gips, Terrakotta, Draht, 200 x 117 x 130cm
Heinz Breloh arbeitet in seinen sog. Lebensgrößen mit dem Prozess des Hartwerdens von Gips, um die Zwischenräume seiner Lebensgrößen zu ‚ertanzen‘, wobei der anfangs geschmeidig weiche Gips immer härter und aggressiver wird. Der Kunsthistoriker Manfred Schneckenburger sieht darin einen Tanz mit einer festgelegten Choreografie. Der Künstler „umschreitet, umtanzt (…) die weiche Gipsmasse. Er wirft sich mit dem ganzen Körper – Beinen, Hüften, Brust, Rücken, Kopf – dagegen, umfängt den Klotz mit den Armen, durchstößt ihn mit Knien und Beinen, fährt mit dem Kopf hin und her und schleift so einen waagerechten oberen Abschluss aus.“[22] Weiter beschreibt er: „Er presst, dreht, windet sich nach einem genau bemessenen Programm an, in und gegen den Block, durchpflügt den Gips nach innen, ertastet und umspannt ihn von außen.“[23] Der Gips ist einem chemischen Prozess unterworfen, er kristallisiert aus und wird immer härter. „Er zieht seine Körperbahn, bis das Material hart und widerständig geworden ist. Die fertige Skulptur hält die Körperform als negatives Volumen fest. Sie ist (im klassischen Sinn von Erinnerung) ein Monument der Körperspur.“[24]
Abb. 7 Heinz Breloh, Gehäuse einer Bewegung, 1982, Gips 109 x 70 x 100cm
Ein derartig massives Gegenüber zwingt das Publikum auch zu einem ‚rezeptiven Tanz‘, einem ständigen Wechsel zwischen ästhetisierender Distanz und involvierender Nähe, etwa um auf ein differenziertes Detail reagieren zu können oder auf die Massivität konkaver und konvexer Volumina. Manche Form erschließt sich nur aus der Distanz oder in imaginärer Verschmelzung. Breloh: „Die Hände übernehmen die Impulse des ganzen Körpers.“ [25]
Imaginäres
Als miteinander konkurrierend werden implizite Wissensformen im Zusammenspiel mit Imaginärem bei Markus Karstieß‘ Handgriffen eingesetzt, die zwischen vorbewusster Formung und assoziierbaren Gestalten changieren. Beidhändiges Arbeiten – eine händische Notwendigkeit jeder Bildhauerei – ist hier strategisch gesteigert: Im Prozess ‚symmetrischer‘ Interaktion zwischen Drücken, Bohren, Ziehen, Reißen etc. tauchen im noch weichen Ton Formen auf, die Spur (Index) und Bild (Ikon) zugleich abgeben: Als Antwort auf die nachspürbare Art des Drückens, der Handhabung als authentifizierbare Relation des Dargestellten zur Wirklichkeit und als Manifestation einmaliger Abdrücke der kräftigen Männerhände; bereits im Werden entwickeln sich dabei Vorstellungen von Wesen, die der Bildwelt eines mittelalterlichen Fantasy-Desasters zugehörig sein könnten, Nacht – Schatten – Grusel – Gothic – Kult – Magie, wie etwa die als Fetisch bezeichneten Arbeiten (Abb. 8 links und rechts, Fetische). Kleine Höllengeburten wie bei Hieronymus Bosch treten uns gegenüber – womit Karstieß in der Betitelung seiner Fetische (2015) wie Satyr-Schaaf-Wesen, Zardoz-Hauch-Wesen und Isenheim-Rochen-Wesen reagiert. Ein Quetschen der ganzen Hand bringt den Ton dazwischen zu raumgreifenden Fortsätzen, was im Gegenzug ein stabilisierendes Drücken, ein Bohren ins und durchs Material befördert, um so potentielle Augenhöhlen oder einfach nur deren als irgendwie anthropomorph antizipierte, knochig-organische Wirkung zu wiederholen. Jede Variation ruft eine Kette anderer Notwendigkeiten im Sinn von bildnerischen Anschlussformungen hervor, die den Gestaltungsprozess in Gang halten, um dieses Spiel zwischen konvexen und konkaven Formen, Ein- und Ausschlüssen, Fixierung und Überraschung, Narration und Überschuss zu bewirken.
Abb. 8 Links: Markus Karstieß, Satyr-Schaaf-Wesen (Fetisch), 2015; Rechts: vorne: Markus Karstieß, Ausschnitt aus Zardoz-Hauch-Wesen (Fetisch), dahinter Isenheim-Rochen-Wesen (Fetisch), 2015
In so einem Prozess überträgt sich weniger der Grad des gefühlten ‚Betroffenseins‘ einer abstrakt expressionistischen Geste des Künstlers oder der Künstlerin in der Situation, noch steckt die Qualität in einer angenommenen ‚Authentizität‘ oder repräsentationskritisch inszenierte Geste, für die ontologische Argumentationsstrukturen bemüht werden müssten. Hier korrespondieren die intuitiven Bewegungen durch die Anatomie der Hand grundsätzlich mit den anthropomorphen Formen lebendiger Wesen. Das Besondere liegt freilich wieder in der paradoxen Performanz der ins Spiel gebrachten Wissensformen, also in konkreten Modellierungen, die nicht nur explizierend eine fixe, gesehene Form kontrollieren, sondern auch tastend, implizit, spielerisch für noch ungewusste Gestaltungen empfänglich sind.
Abb. 9 Markus Karstieß, Iris Revolving, 2007, im Dialog mit der Stuckdecke
Diese offenen Übergänge sind im Material Ton als solche artikulierbar und für Außenstehende wahrnehmbar, genauso wie die gleichzeitige explizite Konzeptualisierung der Geste als solche. Hier wird ein raumzeitliches Dazwischenperformt, wie sie ein ‚Handkontakt‘ ermöglicht, sodass sich genannte Wissensformen gegenseitig steigern. Im Vertrauen auf den Werkstoff entfaltet sich Karstieß „zwischen dem Organischen und dem Geometrischen, dem Dunklen und dem glamourös Glänzenden, der kruden Form und den perfekten Oberflächen, dem Begierde weckenden Anziehenden und dem Dämonisch-Abstoßenden, dem Scheitern und dem Wachsen sowie dem Melancholischen, dem Archaischen und dem Ironischen.“[26] Aus produktionsästhetischer Sicht stellt sich das Problem, wie sich ein bestimmter Einsatz des Körpers, speziell der Hand, beim prozessorientierten Arbeiten mit Material provozieren lässt. Die Frage, ob und wie sich ‚Authentizität‘ über den Gebrauch von Handabdrücken überhaupt ‚herstellen‘ lässt, wenn alles – auch der Selbst- und Weltbezug – nur repräsentiert vorliegt,[27] ist für eine mimetisch anregende Rezeption tatsächlich weniger relevant. Vielmehr korreliert die händische Geste in bestimmter Weise mit impliziten Wissensformen anderer Alltagserfahrungen, etwa Knochigem, Organischem, Vergänglichem, deren Potential es als „Selbst – und Weltverhältnis“ neu zu entdecken gilt. Der momenthafte Eindruck zäh reißender Materie ist für die Arbeit Iris Revolving (2007) durch den Brennvorgang fixiert.
Abb. 10 Markus Karstieß, Iris Revolving, 2007, Blick in die Ausstellung mit Fetischen
„Die Verhältnisse, in denen Menschen zur Welt und zu sich selber stehen, [sind] als sprachlich bzw. semiotisch, d.h. zeichenförmig strukturierte (oder eben figurierte) Verhältnisse aufzufassen.“[28] Für den Bildungstheoretiker Koller liegt das Potential von Bildung dort, wo Änderungen im Selbst- und Weltverhältnis stattfinden, was anlässlich Iris Revolving in eine genauere psychische und somatische Selbstwahrnehmung münden könnte.
Abb. 11 Cecile Huber, Reliefs (Zementabgüsse), 2004–2008
Hand — Rhythmus
Cécile Hubers Reliefs (Abb. 11) weisen eine andere merkwürdige Spannung zwischen weich empfundener Form und materieller Härte auf, weil sie das Tonrelief in einen Betonguss transformierte. Zugunsten der widerständigen Härte des Betons steigert sich die ursprünglich plastische, weiche Anmutung der Formungen, indem sie als abwesende inszeniert wird. Cecile Hubers abstrakt expressionistische Reliefs sind besonders durch die Rhythmisierung, die ihrer Handhabung innewohnt, reizvoll. Über die Platzierung der Tonbatzen sprach sie wie von einer Fingerübung, bei der sie ihre intuitiven Setzungen flüssig ineinanderfließen ließ. Die handlichen Portionen Ton und deren Platzierungen werden nicht nach explizierbaren Maßstäben angeheftet oder korrigiert, sondern nur flach gedrückt oder mit neuen kontrastierenden Formimpulsen überschrieben, bis sich eine gestalterische Sättigung (Notwendigkeit) einstellte. Auch wenn rechtwinklige Holzleiste oder Messer, unerlässliche Werkzeuge zum Arbeiten mit Ton, für diesen Formimpuls zweckentfremdet wurden, bleibt die Auseinandersetzung innerhalb künstlerisch gesetzter Spielregeln. Vorliegend könnte sie so ausfallen: arbeite mit dem Anteil inhaltlich und formal, um die Interaktion mit Ton selbst auszumachen (Abb. 12, 13).
Abb. 12 & 13 Cecile Huber, Zementabgüsse (Reliefs), 2004–2008, zwei Reliefs aus der Reihe
Assoziativere Formanleihen (wie bei Abb. 14) werden durch die Farbbehandlung des Materials verstärkt, die kontrastierend oder bestätigend auf die gegebene Form reagiert.
Abb. 14 Blick in die Ausstellung mit Cecile Huber, Plastiken (Zementgüsse), 2004–2008, dahinter glasierte Tonarbeiten, 2017
Responsivität
Mein essayistischer Beitrag querte die Ausstellung aus der Erinnerung und gab einzelnen nachhaltigen Eindrücken eine gezielte Form der Sichtbarkeit geben. Im Changieren zwischen metaphernreicher Versprachlichung und dokumentarischer Bildinformation sollte ich die Responsivität ästhetischer Erfahrungsmodi auf- und auf sie zurückgreifen.[29] Suchend nach Formen einer Selbstüberschreitung, die im bildtheoretischen Diskurs auf der Ebene medialer oder diagrammatischer Metareflexivität geführt wird, interessierten auch mich selbst performative oder materialästhetische Qualitäten einer drei- bzw. vierdimensionalen Kunstform, mit denen BetrachterInnen ebenfalls ausgerichtet werden, analog zu den Subjektivierungen über Bild- oder Blickakte.[30] Ich beschrieb in Führungen durch die Ausstellung eine empathisch und affektiv werdende Form der Wahrnehmung mit dem Vorgang des ‚Einsickerns’. Anders als ein abstrakt-kognitiver Denkvorgang, anders als eine logische Denkoperation, die aus einer ästhetischen Distanznahme heraus vollzogen wird, nutzte ich dieses Wortbild, um die Bedeutung des ‚Nachsinnens’ insbesondere als leibsinnlichen Vollzug zu imaginieren. Diese Metapher einsickernden Nachsinnens sollte das ‚aisthetische‘ Verweilen vor den Werken zugunsten einer ästhetischen Erfahrung befördern. Dies kann als Form mimetischer Anverwandlung gesehen werden. Es bedarf freilich neben einer responsiven Gestimmtheit schlicht auch einer gewissen Zeitspanne und Geduld, da sich ein gelungenes Erfahrungsereignis gerade nicht kognitiv herstellen, abkürzen oder beschleunigen lässt.[31]
Womöglich konnte der Text auch im Nachhinein zur Ausstellung ein Verweilen befördern. Jedoch der Nachhall einer Studierenden, Christine El-Banna, soll das letzte Bild haben.
Abb. 15 Christine El Banna, O.T, Serie von Tonarbeiten (mit Füßen, dann Händen gerollt) 2017
Literatur
Von Assel, Marina: Heinz Breloh. Skulpturen und Zeichnungen, in: Heinz Breloh. Skulptur als Körperspur, Ausstellungskatalog 2008, 69 — 76
Baudelot, Alexandra: Ausstellungstext zu Katinka Bock. Zarba Lonsa, 2015, online unter http://www.leslaboratoires.org/en/projet/zarba-lonsa/zarba-lonsa (Stand 05.02.2021)
Deleuze, Gilles: Malerei und Sensation, in: Ders.: Francis Bacon. Logik der Sensation, Paderborn 2016, 35 – 42
Deleuze, Gilles: Die Kräfte malen, in: Ders.: Francis Bacon. Logik der Sensation, Paderborn 2016, 53–59
Didi-Huberman, George: Ähnlichkeit und Berührung. Archäologie, Anachronismus und Modernität des Abdrucks. Köln 1999
Hafner, Hans–Jürgen: Zum Medium machen, Juni 2012, anlässlich der Ausstellung »Heinz Breloh — Die Anwesenheit des Bildhauers« in der Galerie Ursula Walbröl Düsseldorf 14. Juni bis 21. Juli 2012, http://www.heinz-breloh.de/zum_medium_machen (Stand 05.02.2021)
Hahn, Achim: Syn-Ästhesie oder: Die Kommunikation der Sinne. Zur Wahrnehmungslehre von Wilhelm Schapp und Maurice Merleau- Ponty. In: Wolkenkuckucksheim, Internationale Zeitschrift für Theorie der Architektur, 2013, 67–89. http://cloud-cuckoo.net/fileadmin/hefte_ de/heft_31/artikel_hahn.pdf (Stand 05.02.2021)
Hornäk, Sarah: Auf dem Kissen. Plastizität im Kontext von Berühren, Begreifen und Formen, Jg. 12 2020 Nr. 1, http://zaeb.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/08/Hornäk_März-20CR.pdf (06.02.2021)
Huber, Hans Dieter: Das Gedächtnis der Hand. In: Kirschenmann, Johannes u.a.: Kunstpädagogik im Projekt der allgemeinen Bildung. München, 2006, 39–51
Kahle, Barbara im Begleittext zur Ausstellung, n.p.
Koller, Hans-Christoph: Bildung anders denken. Einführung in die Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Stuttgart, 22018
Naumann-Beyer, Waltraud: Anschauung, in: Ästhetische Grundbegriffe. Band 1, hg. von Karlheinz Barck u.a., Stuttgart 2010, 208–245
Pöppel Ernst: Drei Welten des Wissens. Koordinaten einer Wissenswelt, in: Christa Maar/Hans Ulrich Obrist/Ernst Pöppel (Hg.): Weltwissen – Wissenswelt. Das globale Netz von Text und Bild. Köln, 2000, 21–39
Reich, Kersten: Aneignung oder Spiegelung: Lernen konstruktivistisch betrachtet, in: Dies.: Die Ordnung der Blicke. Perspektiven eines interaktionistischen Konstruktivismus, Band 2: Beziehungen und Lebenswelt, 2. überarbeitete Auflage, 2009, 153–163, http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/reich_works/buecher/ordnung/index.html (Stand 05.02.2021)
Rainer Maria Rilke: Archaïscher Torso Apollos. In: Sämtliche Werke. Erster Band, Frankfurt am Main 1955, S. 557
Rübel, Dietmar: Plastizität. Eine Kunstgeschichte des Veränderlichen. München 2012.
Schneckenburger, Manfred: Körperhandlngen wider die Apparatenwelt, in: Heinz Breloh. Skulptur als Körperspur, Ausstellungskatalog 2008, 15 — 23
Vedder, Aline: Die Wahrnehmung von Körperlichkeit in Kunstwerken. Eine interdisziplinäre Untersuchung zur Funktion von Kunst, Wiesbaden 2014.
Vogel, Matthias: Nicht ohne meinen Körper. Zur Erfahrung von Sinn in der bildenden Kunst und Musik, Jg. 12 2020, Nr. 1, http://zaeb.net/wordpress/wp-content/uploads/2020/04/Vogel_April-20CR.pdf (Stand 05.02.2021)
Abbildungen
El Banna, Christine, o.T., Ton gerollt, 2017, Serie. Foto: Notburga Karl
Katinka Bock, Zarba Lonsa, 2015, Film Still, Super 8 Film transferiert, Courtesy Jocelyn Wolff, Paris und Meyer Riegger, Berlin
Katinka Bock, Stehen, 2016, Keramik (27 x 73 x 19 cm), Stahl (27,5 x 52,5 x 2,5 cm) Courtesy: Meyer Riegger, Berlin
Bruce Nauman, Feet of Clay (from the portfolio Eleven Color Photographs), 1966–67/1970/2007, Ink-jet print exhibition copy (originally chromogenic development print, 55.2 x 59.7 cm, Collection Museum of Contemporary Art Chicago, https://mcachicago.org/Collection/Items/2007/Bruce-Nauman-Feet-Of-Clay-From-The-Portfolio-1966–67-1970–2007
Bruce Nauman, Thighing (Blue), 1967, 4:36 min, color, sound, 16 mm film on video, http://www.eai.org/titles/thighing-blue
Markus Karstieß, Iris Revolving, glasierte Keramik, Platin, Stahl, ø 318 x 164 cm hoch plus Aufhängung, 2007, Courtesy Van Horn, Düsseldorf
Markus Karstieß, Isenheim-Rochen-Wesen (Fetisch), 2015, Keramik, Lüster Glasur, Stahl, 67 x 31,5 x 18 cm (ohne Sockel), Courtesy Van Horn, Düsseldorf
Markus Karstieß, Satyr-Schaaf-Wesen (Fetisch), 2015, Keramik, Lüster Glasur, Stahl, 67 x 29 x 21 cm (ohne Sockel), Courtesy Van Horn, Düsseldorf
Markus Karstieß, Zardoz-Hauch-Wesen (Fetisch), Keramik, Lüster Glasur, Stahl, 64,5 x 27 x 22 cm (ohne Sockel), Courtesy Van Horn, Düsseldorf
Cecile Huber, Zementabgüsse (Reliefs), 2004–2008, unterschiedliche Maße, Beton
Cecile Huber, Zementguss mit gebranntem Ton, 2008–2011
Hans Josephsohn, Ohne Titel, 1979/85, Reliefskizze (Verz. Nr. 2015), 20 x 12 x 4 cm, Messing
Hans Josephsohn, Ohne Titel, 1987, Reliefskizze (Verz. Nr. 2022), 17 x 14 x 6 cm, Messing
Hans Josephsohn, Ohne Titel, 1998, Relief (Verz. Nr. 1035), 94 x 70 x 38 cm, Messing
Hans Josephsohn, Ohne Titel, 2003, Relief (Verz. Nr. 1252), 104 x 75 x 38 cm, Messing
Alle Courtesy Kesselhaus Josephsohn, Galerie Felix Lehner AG
Foto: Notburga Karl (außer anders angegeben)
[1] vgl. Maurice Merleau-Ponty, der in dieser wechselseitigen Bezugnahme das „zur-Welt-Sein“ betont.
[2] Die Ausstellung fand vom 2. 6. bis 16.7. 2017 in der Villa Dessauer in Bamberg statt und wurde von mir kuratiert. Mit dem Ausstellungskonzeptpapier wollte ich bestimmte Künstler*innen für die Beteiligung gewinnen; ich reagierte damit auch auf die Erfahrungen und Bedürfnisse, die ich im Zuge meiner Lehrtätigkeit an der Universität Bamberg in praktischen Basis-Seminaren zum dreidimensionalen Gestalten sammelte. Drängend wurden konkrete Erfahrungen und Anschauung; die Ausstellung sollte dazu ermuntern, dem individuellen und impliziten „touch“ zu vertrauen. Plastische Werke von Katinka Bock, Heinz Breloh, Cecile Huber, Hans Josephson, Markus Karstieß, Horst Münch, und Simone Forti wurden gezeigt.
[3] Deleuze, Sensation, 35. Ich ersetzte das Wort ‚Malerei‘ mit ‚Werk‘.
[4] Deleuze, Kräfte, 53.
[5] Vogel, Nicht ohne meinen Körper, 3.
[6] Vgl. Koller, Bildung anders denken
[7] Vgl. Hahn, Syn-Ästhesie
[8] Didi-Huberman in Hornäk, Auf dem Kissen,17
[9] ebenda.
[10] Baudelot, Bock 2015.
[11] Vgl. Reich, Aneignung oder Spiegelung, 2009.
[12] vgl. Pöppel, Wissensformen.
[13] Rilke, Torso 557.
[14] Unveröffentlichtes Ausstellungskonzept.
[15] Eco in Lehnerer, Methode 143.
[16] Lehnerer, Methode 145.
[17] Ebenda.
[18] Vgl. die deutlich repräsentationskritischere Auffassung von Hans Jürgen Hafner zu Heinz Breloh.
[19] Die Performance huddle war eine vertragliche Leihgabe des MoMA New York.Mit Hilfe einer autorisierten Trainerin sowie Studierenden und Mitarbeiter*innen der Universität Bamberg konnte sie ‚aufgebaut’ werden.
[20] Eine Dokumentation dieser Dance Construction von 1970 lief im Boxartigen Monitor nebenan, immer wenn nicht live performt wurde.
[21] Simone Forti begrüßte die Wahrnehmung ihrer Arbeit als ‚Skulptur‘ im Monitor auf Rollen.
[22] Schneckenburger, Breloh,17.
[23] ebenda.
[24] ebenda.
[25] Breloh zitiert bei von Assel, 79. Er vergleicht die gesuchte Nähe mit „Sex, dieses ganz Nahe. (…) Die Arbeit ist dann fertig, wenn zwischen der Plastik und mir keine Distanz mehr ist.“ Cover, ebenda.
[26] Kahle, Begleittext, n.p.
[27] Koller, Bildung anders denken, 16.
[28] Koller, Bildung anders denken, 16.
[30] Diese phänomenologische Ausgangssituation ist in meiner künstlerischen und kunstpädagogischen Arbeit verwurzelt und prägt trotz repräsentationskritischer Fragen auch meine Arbeit mit Studierenden.
[31] Vgl. dazu auch meinen Beitrag „Zeichnen als formende Sensibilisierung: Was Körper von Körpern lernen können.“ Meine Haltung wird dabei im kunstpädagogischen Kontext gestützt durch die einschlägigen Ausführungen von Andrea Sabisch zur Bedeutung der Responsivität in Erfahrungsprozessen, von Meike Aissen-Crewett zur Differenzierung des Aisthetisch-Ästhetischen, von Gundel Mattenklott zur tragenden Komponente der Zeit und von Petra Kathke zum Aufforderungscharakter von Material.