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Von Winden bewegt, von Stürmen getrieben. Wolkengestalt und Windgewalt im Bild

Petra Kathke

[Beitrag als pdf]

Wind und Wolken vor der Kam­era

„Von mächti­gen Stür­men und einzi­gar­ti­gen Wolken“ – unter diesem Mot­to veröf­fentlichte das Mag­a­zin Geo 2020 bere­its im fün­ften Jahr preis­gekrönte Fotografien außergewöhn­lich­er Wet­ter­ereignisse.[1] Von Mam­ma­tus-Wolken bei Leipzig (B. Jor­dan) über ver­tikale Cumolonim­bus-Wolken ein­er Gewit­ter­front in Texas (L. G. Bai­ley) bis zum Tor­na­do in Col­orado (T. J. Ost­berg) haben die in diesem Wet­tbe­werb ermit­tel­ten Weath­er Pho­tog­ra­phers of the Year 2020 weltweit beobachtete Wolken­bil­dun­gen mit der Kam­era fest­ge­hal­ten. Neben For­ma­tio­nen ein­er Shelf Cloud in Kroa­t­ien (M. Kraljik), ein­er lin­sen­för­mi­gen Lentic­u­laris in Argen­tinien (F. J. Negroni Rodriguez) oder eines Habub in Ari­zona (T. Wright) bele­gen die Auf­nah­men ein­drucksvoll, wie vielgestaltig die flüchtige und wan­del­bare Gestalt von in der Luft schweben­der Feuchtigkeit am Him­mel erscheint. Ihre Nei­gung, sich unter Ein­fluss von Druck­un­ter­schieden und der wet­tertreiben­den Kraft des Windes zu ballen und zusam­men­zurot­ten, aufzutür­men und wieder zu zer­fasern, bringt man­nig­faltige Wolken­for­ma­tio­nen her­vor, deren Beze­ich­nun­gen die vom englis­chen Phar­makolo­gen und Hob­by-Mete­o­rolo­gen Luke Howard 1804 veröf­fentlichte Klas­si­fizierung in Stra­tus, Cumu­lus, Cir­rus und Nim­bus beachtlich aus­d­if­feren­ziert.[2] (Abb. 1)

Wie es das The­ma des Wet­tbe­werbs ver­muten lässt, beein­druck­en die prämierten Fotografien durch eine bild­ner­ische Dynamik und Dra­matik, die das Zusam­men­spiel von Wind, Wolken, Land­schaft und Licht in bes­timmten Kon­stel­la­tio­nen her­vorzubrin­gen ver­mag. Im Fall von Unwet­ter­si­t­u­a­tio­nen, worauf die durch Attribuierung zuge­spitzten Begriff­s­paare „mächtige Stürme“ und „einzi­gar­tige Wolken“ let­ztlich hin­aus­laufen, erweist sich nicht sel­ten der Moment der Auf­nahme des Bildes selb­st als drama­tisch, insofern er neben dem eupho­risieren­den Auf­spüren des geeigneten Vis-à-Vis auch das Aus­ge­set­zt-Sein der Fotografen in Extrem­si­t­u­a­tio­nen ein­schließt. “How­ev­er, being in the path of a high­ly charged elec­tri­cal storm also has its own risks, so I made sure I left the area to avoid being struck by light­ning”[3], kom­men­tiert Lori Grace Bai­ley, Preisträgerin aus Ari­zona, ihre am 6. Novem­ber 2019 ent­standene Auf­nahme eines Gewit­ters über El Paso (Texas). Und Tori Jane Ost­berg räumt bezüglich ihrer Fotografie eines Tor­na­dos in Col­orado ein: “(…) nar­row­ly avoid­ing being run over by a large tor­na­do was a bit of a chal­lenge!”[4]

Abb. 1: Wind-/ Wolkenspiel über der Lagune von Venedig. Foto P.K.
Abb. 1: Wind-/ Wolken­spiel über der Lagune von Venedig. Foto P.K.

„Mächtige Stürme“ und „einzi­gar­tige Wolken“ – die in der Auss­chrei­bung durch ein Binde­wort verknüpften Motive sind dur­chaus in wech­sel­seit­igem Ver­hält­nis aufeinan­der bezo­gen. So wird, wer Stürme bild­ner­isch darstellen möchte, sei es fotografisch oder im Medi­um der Malerei, sich vor allem an ihre Auswirkun­gen hal­ten müssen, wird beobacht­en, wie sie das Umfeld verän­dern, in dem sie auftreten. Wolken, „diese Ver­wand­lungskün­stler des Wassers […]“, die als „flüchtig spie­len­des Medi­um das Auge“ beza­ubern (H. Böhme 2005, 16), sind für das zwar spür- und hör­bare, nicht aber visuell wahrnehm­bare Blasen der Winde oder Wüten der Stürme dankbare Indika­toren. Ihre „gezausten jagen­den For­men, welche die Spur der Winde zeich­nen“ (ebd.) machen, indem sie mit Form- und Lagev­erän­derung, in der Folge auch mit Farb- und Hel­ligkeitswech­sel, auf die durch Druck­un­ter­schiede in Bewe­gung ver­set­zten Luft­massen reagieren, Wind indi­rekt sicht­bar – ähn­lich, wie die Flamme ein­er Kerze, deren Gestalt der kle­in­ste Luftzug verän­dert. Im Unter­schied zur Flamme und zu materiell greif­baren Windindika­toren wie Sand, Meereswellen oder jeglich­er Art von Veg­e­ta­tion han­delt es sich bei ein­er Wolke – und damit ist sie zwangsläu­fig „einzi­gar­tig“ – um eine im freien Raum entste­hende, zwis­chen gas­för­migem und flüs­sigem Zus­tand chang­ierende Entität, die bei ihrer Sicht­bar­w­er­dung sowohl fest umris­sen, als auch von flu­ider Gestalt sein kann. Per­ma­nente Umbil­dun­gen und Stan­dortän­derun­gen wer­den durch atmo­sphärische Gegeben­heit­en, durch Druck- und Tem­per­atu­run­ter­schiede und damit vor allem durch Winde – Pas­sat- oder Polar­winde, Jet­streams oder die durch die Erdro­ta­tion verur­sachte Cori­oliskraft – verur­sacht oder bee­in­flusst. Diese Wirkung bleibt keines­falls ein­seit­ig, denn mete­o­rol­o­gisch betra­chtet formt Wind Wolken, wird aber zugle­ich von ihnen gelenkt, insofern ihre Auf- und Abwärts­be­we­gun­gen Luft in andere Schicht­en der Atmo­sphäre trans­portiert.

Auf bemerkenswerte Weise wird das Zusam­men­spiel von Winden und Wolken durch Stürme ver­an­schaulicht, die in Rota­tion ger­at­en – eine Tat­sache, die Scharen von Wet­ter-Fotografen in den mit­tleren West­en der USA lockt, wo sich ver­mehrt Tor­na­dos bilden („Tor­na­do Alley“). Da Wind­kraft bei dieser Art des Wirbel­sturms aus der Eigen­be­we­gung her­aus schein­bar kör­per­haft Gestalt annimmt, set­zen die fol­gen­den Über­legun­gen zur Visu­al­isierung von Winden durch Wolken bei diesem Phänomen an. Bezugnehmend auf Ger­not Böhmes Beiträge zum Begriff der Atmo­sphäre und das von Her­mann Schmitz einge­führte Kon­strukt der Halb­dinge geht es darum, das Faszi­nosum eines außergewöhn­lichen Windereigniss­es aus phänom­e­nol­o­gis­ch­er Sicht zu ergrün­den sowie den gestal­ter­ischen Umgang mit dem optisch nicht Vorhan­de­nen in ein Ver­hält­nis zu Fra­gen von Kör­per­lichkeit und leib­lichem Spüren zu set­zen. Ob und wie diese Aspek­te in wind- und wolken­be­zo­ge­nen Werken der neueren Kun­st eine Rolle spie­len und mit welchen Konzepten sich Kün­st­lerin­nen und Kün­stler dem Spiel des Unsicht­baren mit dem Flüchti­gen und Wan­del­baren näh­ern, wird abschließend exem­plar­isch erörtert.

Ein Wind nimmt Gestalt an: Der Tor­na­do als außergewöhn­lich­es Wet­ter­ereig­nis

Für die von Geo aus­geze­ich­neten Wet­ter­fo­tografen ist neben der tech­nis­chen und bild­ner­ischen Qual­ität ihrer Auf­nah­men ein weit­er­er Gelin­gens­fak­tor entschei­dend: der Umstand, zur richti­gen Zeit am richti­gen Ort zu sein. Dies gilt beson­ders für kurzzeit­ige und sel­tene Ereignisse, wie für jene „Luft­säule mit Bodenkon­takt, die um eine mehr oder weniger senkrecht ori­en­tierte Achse rotiert und sich unter ein­er cumuli­for­men Wolke befind­et“ (Wet­ter und Kli­malexikon des Deutschen Wet­ter­di­en­stes).[5] Einen solchen Tor­na­do zeigt Tori Jane Ost­bergs preis­gekröntes Foto The Red Ter­ror. (Abb. 4) Zen­tral ins Bild geset­zt reicht der rotierende Luftwirbel, wie vom Mete­o­rolo­gen und Geowis­senschaftler Alfred Wegen­er 1917 beschrieben, von der Unter­seite ein­er Wolke bis zum Erd­bo­den. In seinem Buch „Wind- und Wasser­ho­sen in Europa“ (Braun­schweig 1917) führt Wegen­er aus,[6]  dass solche großen Luftwirbel mit ver­tikaler Achse, „die vom Rande ein­er Cumu­lo-Nim­bus-Wolke meist bis zum Erd­bo­den herabre­ichen, im Inneren durch Kon­den­sa­tion in Form eines her­ab­hän­gen­den Zapfens, Trichters, Schlauch­es oder Säule [sic], im unteren Teile auch durch Staub, ganz oder teil­weise sicht­bar sind und in ein­er meist nach Hek­tome­tern zäh­len­den Spur­bre­ite durch stür­mis­ches Hinzus­trö­men der Luft zu dem stark luftverdün­nten Raum um die Wirbelachse gewöhn­lich der­ar­tige Ver­wüs­tun­gen verur­sachen, wie sie auch bei den schw­er­sten Stür­men größer­er Aus­dehnung nicht beobachtet wer­den.“ (Wegen­er 1917, 4)

Abb. 2: Leonardo da Vinci: Codex Leicester, Blatt 7A, fol. 30v. Detail
Abb. 2: Leonar­do da Vin­ci: Codex Leices­ter, Blatt 7A, fol. 30v. Detail

Schon Leonar­do da Vin­ci, von dem eine illus­tri­erte Beschrei­bung eines Tor­na­dos im Codex Leices­ter über­liefert ist,[7] wählt zur Ver­an­schaulichung des Ereigniss­es das Bild ein­er Säule und begin­nt erk­lärend: „Oft­mals geschieht es, wenn ein Wind mit einem anderen im stumpfen Winkel zusam­men­stößt, daß die bei­den sich ineinan­der­drehen und ver­schlin­gen in Gestalt ein­er riesi­gen Säule, und die verdichtete Luft gewin­nt Gewicht“. (zit. n. Nova 2007, 86) Die dann fol­gende Beschrei­bung des über dem Meer beobachteten Wirbel­sturms schließt mit der Beobach­tung: „[…] und die Luft ver­mengte sich selb­st mit dem Wass­er, das sich drehte und in Gestalt ein­er dicht­en Wolken­säule dampfend erhob […]“. (ebd.) In der kleinen Fed­erze­ich­nung dieser ver­tikalen (Dop­pel-) Spi­ral­form ergänzt da Vin­ci das säu­len­för­mige Strö­mungs­bild durch ein darüber skizziertes Kapitell. (Abb. 2)

Der Ver­gle­ich des Tor­na­dos mit ein­er Säule stimmt mit dem mehr oder weniger senkrecht rotieren­den Sturmwirbel übere­in und überzeugt beson­ders dann, wenn sich trichter­för­mige Erweiterun­gen im oberen und/ oder unteren Bere­ich abze­ich­nen. Die vom Wind abgeknick­ten oder gebo­ge­nen Wirbel mit ihren Schwün­gen und Aus­buch­tun­gen entsprechen dieser Vorstel­lung eher nicht. Entschei­dend für die fol­gen­den Über­legun­gen bleibt die Tat­sache, dass Tor­na­dos, anders als tro­pis­che Wirbel­stürme, die großräu­mig über dem Meer wüten und nach den Regio­nen ihres Entste­hens als Hur­rikane, Zyk­lone und Tai­fu­ne beze­ich­net wer­den, eher klein­räu­mige Ereignisse von rel­a­tiv kurz­er Dauer sind, deren Ter­minierung und Lokalisierung schw­er vorher­sag­bar und deren genaue Entste­hungs­be­din­gun­gen im Zusam­men­wirken von Gewit­ter­wolken und Wind­scherun­gen noch ungek­lärt sind. Grund­sät­zlich ist das Aufeinan­dertr­e­f­fen feucht­warmer und kalter Luft­massen auss­chlaggebend, wobei kalte Luft an den Fron­ten in einem Strudel nach unten fällt, während warme nach oben steigt. Dabei senkt sich aus ein­er Trichter­wolke mit ver­tikaler Rota­tions­dichte die mehr oder weniger dun­kler Wolken­schlauch (‚hose‘) bis zur Erdober­fläche herab. (Abb. 3) Fotografen, die als pro­fes­sionelle Stormhunter oder Storm Chas­er vor allem in den USA unter­wegs sind, wollen vor allem diesen Sturm vor die Kam­era bekom­men. Viele von ihnen arbeit­en zugle­ich als soge­nan­nte Spot­ter den Wet­ter­di­en­sten zu, indem sie, anders als Katas­tro­phen­touris­ten oder Hob­bystur­mjäger, wis­senschaftliche Mes­sun­gen über seine Rich­tung und Schnel­ligkeit durch­führen und ver­w­ert­bare Dat­en zur Opti­mierung der Warn­sys­teme sam­meln. Filmis­che Doku­men­ta­tio­nen zeigen,[8] wie solche gut organ­isierten Teams mete­o­rol­o­gisch ver­siert und mit Spezialaus­rüs­tun­gen aus­ges­tat­tet, die gefährlichen Windereignisse auf­spüren und ihnen ent­ge­gen­reisen – ungeachtet der Tat­sache, dass Tor­na­dos mit ihren in rotierende Bewe­gung ger­ate­nen Luft­massen dafür bekan­nt und gefürchtet sind, in kürzester Zeit unge­heure Kräfte zu ent­fal­ten sowie Schneisen der Ver­wüs­tung und viele Todes­opfer hin­ter­lassen zu kön­nen. Dann, so lesen wir schon beim römis­chen Dichter Lukrez, „ergreift er [der Wind, P.K.] mit dro­hen­dem Strudel die Dinge und trägt rasenden Fluges sie fort im rol­len­den Wirbel“. [9] (Lukrez, übers. v. H. Diels, 1957, 37)

Abb. 3: Tornado bei Elie in Manitoba, Canada. Juni 2007.
Abb. 3: Tor­na­do bei Elie in Man­i­to­ba, Cana­da. Juni 2007

Doch um eine Doku­men­ta­tion der oft katas­trophalen Zer­störung geht es den Tor­nado­jägern in der Regel nicht. Neben dem wis­senschaftlichen Inter­esse an mete­o­rol­o­gis­chen Mes­sun­gen und Daten­er­he­bun­gen scheint ihr fotografis­ches Augen­merk der in ihren Bewe­gun­gen so unver­fänglich und nicht sel­ten anmutig wirk­enden Winder­schei­n­ung zu gel­ten, beson­ders aber jen­em Moment, in dem sich der Tor­na­do aus einem raum­greifend­en stür­mis­chen Geschehen her­aus als visuell wahrnehm­bares Ereig­nis man­i­festiert. Dabei brin­gen sich die „rol­len­den Wirbel“ durch mit­geris­sene Wolken in der von Alfred Wegen­er beschriebe­nen Aus­prä­gung auf ungewöhn­liche Weise selb­st zum Erscheinen. Weit­ere Beson­der­heit­en ihres Her­vortretens lassen ver­muten, dass hin­ter dem Vorhaben, das extreme Windereig­nis als Wolken­for­ma­tion mit der Kam­era festzuhal­ten, mehr steckt, als nur der Kick, es aufzus­püren, bild­ner­isch einz­u­fan­gen und dabei ein­er ernst zu nehmenden Gefahr zu trotzen. Ein nicht geringer Teil der Fasz­i­na­tion, so die hier vertretene These, wird auf die Art und Weise zurück­zuführen sein, in der beim Entste­hen eines Tor­na­dos raum-zeitliche und visuell erfahrbare Gegeben­heit­en zusam­men­wirken. Dabei sind Fotografen, die das Geschehen aus näch­st­möglich­er Nähe erleben und aufnehmen, im sel­ben Moment sowohl ästhetisch Wahrnehmende, die sich dem Wit­terungsereig­nis aus­set­zen, als auch ästhetisch Schaf­fende, die Teile ihres Erlebens in ein bild­ner­isches Werk über­führen, das bei Betra­ch­terin­nen und Betra­chtern fasziniertes Staunen her­vor­rufen und über die Visu­al­isierung des Gefahrvollen eine atmo­sphärische Stim­mung ver­mit­teln soll.

Sich aus­set­zen und ergreifen lassen: Der Tor­na­do aus raum-zeitlich­er und phänom­e­nol­o­gis­ch­er Per­spek­tive

Was den raum-zeitlichen Aspekt beim Entste­hen eines Tor­na­dos anbe­langt, so scheint für Stur­mjäger jen­er Moment entschei­dend, in dem sie ein­er­seits einen Totalein­druck des eher sel­te­nen Windes in sein­er Typik erfassen, ihn ander­er­seits zugle­ich als indi­vid­u­al­isierte und durch die Para­me­ter sein­er speziellen Aus­prä­gung im Hier und Jet­zt sich dar­bi­etende Erschei­n­ung fil­men oder fotografieren kön­nen. Beim Sondieren der Großwet­ter­lage und ein­er oft meilen­weit­en Anfahrt über Land haben sie allererst zu berück­sichti­gen, dass die typ­is­che Tor­na­do-Gestalt nur mit gehörigem Abstand erleb­bar ist, die Dis­tanz der Anschau­ung fol­glich eine notwendi­ge Bedin­gung für das Erfassen sein­er charak­ter­is­tis­chen Form und seines Ver­hält­niss­es zum umgeben­den Raum darstellt. Diese Anschau­ungs­dis­tanz garantiert let­ztlich die Bild­haftigkeit eines Phänomens, das sich anders als von außen betra­chtet nicht als das wahrnehmen lässt, was es ist. Dabei ver­langt der Totalein­druck eine Posi­tion der Fotografen entwed­er neben der erwarteten Spur des Wirbels oder ihm frontal gegenüber, denn ein Dahin­ter oder gar Mit­ten­drin, wie es beim Ein­tauchen in Nebel oder gewöhn­liche Wolken geschieht, kann es bei Wirbel­stür­men ohne Gefahr für Leib und Leben naturgemäß nicht geben.

Auf dem Foto von Ost­berg lässt sich die Ent­fer­nung zum aufgenomme­nen Tor­na­do durch den Ver­lauf des in die Bildtiefe hine­in­führen­den Fahrwegs in etwa ein­schätzen. (Abb. 4) Weit­ere dimen­sion­ale Anhalt­spunk­te bilden helle Pfos­ten, die zur Ein­friedung der Felder dienen. Als Beson­der­heit fällt zunächst die immense Bre­ite des Wirbels auf, dessen in den Umraum weich dif­fundierende Rän­der über die Tat­sache hin­wegtäuschen, dass mit­ten im Zen­trum der Rota­tion durch einen starken Unter­druck und hohe Windgeschwindigkeit­en im Rand­bere­ich Kräfte entste­hen, die die fest­ge­fügt erscheinen­den Dinge der Welt wie Spiel­steine in Zustände der Zer­streu­ung über­führen. Fol­glich wer­den Wind­jäger dem Ereig­nis immer auch im Bewusst­sein der Tat­sache begeg­nen, einen Moment zwis­chen dem ver­traut­en Vorher und dem ins Chaos über­führten Nach­her zu erleben, wobei die oft nur wenige Minuten dauernde Ent­fes­selung von Kräften auf eine rel­a­tiv kleine Fläche ein­wirkt. Die gebotene Außen­per­spek­tive auf die in der Rota­tion Gestalt annehmenden Luft­massen wird beson­ders dann zur Gefahr, wenn sich der Wirbel in sein­er unberechen­baren und unvorherse­hbaren Eigen­dy­namik auf die Stur­mjäger zube­wegt, wenn also der für filmis­che oder fotografis­che Auf­nah­men noch akzept­able Abstand durch seine Annäherung unter­schrit­ten wird. Dann wer­den Jäger zu Gejagten, die der Sturm vor sich hertreibt. Die Bedeu­tung des Wort­stamms tornare (lat. umdrehen, umkehren, umwälzen, (sich) wen­den) erweist sich hier in dop­pel­ter Hin­sicht als sin­ngebend. Im Spanis­chen und Por­tugiesis­chen ste­ht dafür heute noch das Wort tornar, wobei sich tornar-se (zu etwas wer­den) auf den tran­si­torischen Moment der Her­aus­bil­dung des Wirbel­sturms beziehen lässt. Um die Gestalt­bil­dung und die sich dabei entwick­el­nde Wucht rotieren­der Luft sicht­bar zu machen und sie als Wolken­säule oder Wolken­schlauch zwis­chen Him­mel und Erde in ein Bild­for­mat zu ban­nen, set­zen nicht nur pro­fes­sionelle Stormhunter sich und gegebe­nen­falls andere einem hohen Gefahren­poten­zial aus – ein umstrittenes Unter­fan­gen. Sie lassen sich atmo­sphärisch ergreifen, um den Preis, selb­st von der Wucht des Sturms oder mit­geris­se­nen Trüm­merteilen ergrif­f­en zu wer­den.

Was einen Tor­na­do, unab­hängig davon in welch­er Aus­prä­gung er sich zeigt, vor allen anderen Windereignisse ausze­ich­net und als Motiv so attrak­tiv macht, ist fra­g­los die außergewöhn­liche Art seines Her­vortretens, sein visuell wahrnehm­bares Sich-Bilden. His­torische Aufze­ich­nun­gen der in Europa beobachteten Wind- und Wasser­ho­sen schildern erstaunlich dif­feren­ziert, wie der Wirbel­sturm durch einen trichter­för­mig rotieren­den Wolken­schlauch in Erschei­n­ung tritt.[10] Seine Entste­hung ist abgeschlossen, sobald die Spitze des aus der Wolk­endecke her­auswach­senden, sich stetig ver­längern­den Trichters oder Zapfens erst­mals den Boden berührt oder sich über dem Meer mit einem ange­saugten Wasserkegel vere­int, um, dem bild­ner­ischen Ver­gle­ich entsprechend, zur Wolken­säule zu wer­den. In diesem Moment entste­ht eine sicht­bare Verbindung zwis­chen Him­mel und Erde – ein magisch anmu­ten­des Ereig­nis, wider­spricht es doch der auf physikalis­chen Geset­zmäßigkeit­en basieren­den All­t­agser­fahrung, dass Wolken weit über uns, in der Höhe, entste­hen. Nur dort, fern von der Erdober­fläche, zeigt kon­den­sieren­des Wass­er sich als gemein­hin auf­steigen­des Wolkengeschehen. Beim Tor­na­do aber entste­ht der Ein­druck, als würde er sich aus ein­er Abwärtsspi­rale bilden und der Erde oder einem aufgewühlten Wasserkegel in Form eines Trichters ent­ge­genwach­sen.[11]

Anders als hor­i­zon­tal wehen­der Wind, anders auch als Nebel, Regen oder Schnee, die sich im Raum aus­bre­it­en, Dinge ein­hüllen oder umspie­len, verdichtet der Tor­na­do sich in der Phase seines Entste­hens zu einem säulen- oder schlauch­för­mi­gen Gebilde, dessen senkrechte oder gebo­gene Erschei­n­ung seine fokussier­bare Gestalthaftigkeit unter­stre­icht. Zunehmend an Kon­tur und Präg­nanz gewin­nend – Präg­nanz hier bezo­gen auf die visuelle Wahrnehmung, die „eine blitzar­tig ein­leuch­t­ende ganzheitliche Auf­fas­sung ermöglicht“ (H. Lehmann 1966, zit. n. Böhme 1995, 151)[12] – gibt sich das typ­is­che Erschei­n­ungs­bild erst zu erken­nen, wenn der in die Rota­tion überge­hende, zunehmend dün­ner wer­dende Schlauch aus jen­er Wolken­schicht her­aus­tritt, die ihn speist und die Beobach­terin­nen und Beobachtern als Folie seines Erscheinens dient. Typ­isch ist die Gestalt des Wind­kör­pers allein deshalb, weil der Tor­na­do sich nur in dieser Art zum Erscheinen zu brin­gen ver­mag. Gle­ichzeit­ig präsen­tiert er sich auf­grund vielfältiger Beglei­tum­stände in ein­er von mit­geris­senem Wass­er, Staub, Sand und aufgewühlter Erde angere­icherten Aus­prä­gung als einzi­gar­tiges, durch Wolken sicht­bar gemacht­es Windereig­nis von rel­a­tiv kurz­er Dauer.[13]

Auch andere Winde, ihre Rich­tun­gen und Stärken, lassen sich heute anhand von Wolken­for­ma­tio­nen und -bewe­gun­gen iden­ti­fizieren: Abwinde und Aufwinde, Föh­n­winde, Sturm unter­schiedlich­er Inten­sität, Zirku­la­tion­swinde oder Küsten­winde. Kein­er von ihnen erzeugt eine dem Tor­na­do ver­gle­ich­bare, in ihrer mehr oder weniger senkrecht­en Aus­rich­tung kör­per­haft erscheinende Wolkengestalt, die wie ein wirbel­nder Strudel mit bis zu vier­hun­dert Stun­denkilo­me­tern über die Erd- oder Meere­sober­fläche fegt. Als markan­ter visueller Akzent, so lässt sich das phänom­e­nale Geschehen seines Entste­hens zusam­men­fassend beschreiben, tritt der Tor­na­do in einem atmo­sphärisch aufge­lade­nen, zunächst noch dif­fus und unüber­sichtlich erscheinen­dem Unwet­tergeschehen als zunehmend sich verdich­t­ende Gestalt aus sich her­aus (tornar-se) und ent­fal­tet durch eine ras­ante, um sich selb­st rotierende und dabei zugle­ich über Land oder Meer rasende Bewe­gung ein hochgr­a­dig dynamis­ches, in dop­pel­tem Wortsinn ergreifend­es Aus­druckspoten­zial. Das allmäh­liche Abheben des Tor­na­dos vom stür­mis­chen Geschehen ring­sumher bringt dabei ein in Analo­gie zu Böhmes Ekstasen-Begriff wirk­mächtiges Bild her­vor,[14] dem sich kaum jemand entziehen kann. Die solchen Stür­men fol­gen­den Stormhunter ver­schaf­fen sich über die unmit­tel­bare Betrof­fen­heit des Sich-Aus­set­zens, also über die pathis­che Seite, Zugang zu jen­em eksta­tis­chen Ereig­nis des Aus-Sich-Her­aus­tretens, wohl wis­send, dass ihre Zuwen­dung rechtzeit­ig in Abwen­dung überge­hen muss.

Das fotografisch geban­nte, gemalte und beschriebene Tor­na­do­ereig­nis

Während eine vor Ort aufgenommene Film­se­quenz das Wet­ter­ereig­nis als zeitlichen Ablauf sicht­bar macht, indem sie mit dem szenis­chen Modus des Sich-Bildens von Wolken­for­ma­tio­nen kor­re­spondiert, ban­nt die Fotografie einzelne Momente des über Land oder Meer ziehen­den Sturmwirbels. Das damit ein­herge­hende Para­dox, extrem schnelle Bewe­gun­gen durch ein Still­stellen der­sel­ben sicht- und nachvol­lziehbar machen zu wollen, ist als Her­aus­forderung sowohl der Fotografie als auch dem gemal­ten Bild eigen. Damit Augen­blicke zeitlich über sich hin­auswach­sen und fix­ierte Momente beim Betra­cht­en ein Zuvor und ein Danach evozieren, haben Kün­st­lerin­nen und Kün­stler unter­schiedliche Strate­gien entwick­elt. So nutzen sie beispiel­sweise das For­mat als ein die Wahrnehmung von Zeitlichkeit bee­in­flussendes Span­nungs- und Kräfte­feld, um szenis­che Abläufe oder tran­si­torische Ereignisse darzustellen. Durch Platzierung im Geviert des Bildes und kalkulierte Abstände einzel­ner Motive zueinan­der sowie durch diag­o­nale For­mver­läufe oder Kom­po­si­tion­slin­ien gelingt es über die Anschau­ungs­dy­namik gerichteter Span­nun­gen, die Gegen­wär­tigkeit des Dargestell­ten um den Nachvol­lzug des Vorgängi­gen und ein Antizip­ieren des Zukün­fti­gen zu erweit­ern.[15]

Dieses Anliegen ver­fol­gt Ost­berg mit ihrem Foto offen­sichtlich nicht (Abb. 4). Zu zen­tral und form­sta­bil erhebt sich die weit­ge­hend senkrechte Wolken­säule in der Mitte des hochfor­mati­gen Bildes. Ihr Von-Woher und ihr Wohin – bei­des ist eher am rechts­drehen­den grauen Wolken­wirbel im oberen Bere­ich auszu­machen, in und mit dem sich die Säule aus der dun­klen Wolk­endecke her­auszuschrauben scheint, als am wenig unter­schiede­nen Abstand zu den Bil­drän­dern. Der von mit­geris­sener Erde rot­braun gefärbte Tor­na­do (Red Ter­ror), der wed­er eine Ver­schlankung noch scharf kon­turi­erte Rän­der aufweist, sitzt trotz min­i­maler Schräg­stel­lung und leichter Unter­sicht sta­bil zwis­chen ober­er und unter­er, rechter und link­er Bild­gren­ze. Im Foto wirkt die Geschwindigkeit, mit der dieser Wirbel­sturm über Land rast, durch die mit­tige Posi­tion der ungewöhn­lich bre­it­en, in ihrer Mas­sigkeit dur­chaus respek­te­in­flößen­den Wolken­säule eher aus­ge­bremst, die von ihm aus­ge­hende Gefahr dadurch gemildert. Zudem ver­birgt ein leichter Anstieg des Gelän­des den direk­ten Bodenkon­takt und sug­geriert eben­so wie der links vor­beiführende Weg Abstand und Schutz – ungeachtet der Tat­sache, dass dieser Wirbel­sturm kurz zuvor ein Gehöft mit sich geris­sen hat. Ins Zen­trum ihrer Auf­nahme rückt Ost­berg das spi­ralför­mige Her­aus­treten aus der Wolk­endecke, welch­es der Säule optisch den Schwung der Eigen­ro­ta­tion ver­lei­ht. Es wird durch ein von der Natur gebotenes und von der Fotografin in ver­tikaler Schich­tung gekon­nt in Szene geset­ztes Farb­spiel zwis­chen kühlen, von hell nach dunkel wech­sel­nden Blau­grautö­nen der vorderen Wolk­endecke, dem kobalt­blauen fer­nen Him­mels­bere­ich und dem rötlichen Ock­er des Wegs

Abb. 4: Tori Jane Ostberg: The Red Terror, 2016. Fotografie eines Tornados in Colorado
Abb. 4: Tori Jane Ost­berg: The Red Ter­ror, 2016. Fotografie eines Tor­na­dos in Col­orado

zum bildbes­tim­menden Schaus­piel, dessen ästhetis­che Wirkung den katas­trophalen Aspekt der Sit­u­a­tion zu über­spie­len ver­mag.

Abb. 5: Ernst Fries: Wirbelsturm in der Bucht vor Neapel, Öl/ Lw., 1833
Abb. 5: Ernst Fries: Wirbel­sturm in der Bucht vor Neapel, Öl/ Lw., 1833

Ungle­ich dynamis­ch­er als die eher mas­sig und träge erscheinende Wolken­säule in Ost­bergs Foto wirkt dage­gen jen­er fast tänz­erisch anmu­tende Wirbel­sturm in der Bucht vor Neapel, den der Hei­del­berg­er Kün­stler Ernst Fries 1833 in Öl auf Lein­wand malte (Abb. 5). Die hier deut­lich schlankere und damit agiler wirk­ende Wolkengestalt ist bei etwas höher geset­ztem Hor­i­zont diag­o­naler angelegt und wird von einem Regen angetrieben, der rechts ins Bild ein­fällt. Auch dadurch scheint sich der Tor­na­do auf die im indi­rek­ten Son­nen­licht auf­scheinen­den Häuser Neapels zuzube­we­gen. Seine schräg aus­gerichtete Posi­tion im Bild sowie der seitlich auf ihn ein­wirk­ende Druck dun­kler Wolken und Regen­schauer ver­stärken diesen Ein­druck Medi­en­the­o­retisch betra­chtet beste­ht zwis­chen dem auf Lein­wand gemal­ten Tor­na­do von Ernst Fries und der Fotografie von Ost­berg ein die Bil­drezep­tion ins­beson­dere von Unwet­ter­si­t­u­a­tio­nen und Naturkatas­tro­phen nach wie vor bee­in­flussender Unter­schied. So ver­set­zt uns jede von Men­schen aufgenommene Fotografie die wir betra­cht­en, und trotz der Gewis­sheit ihrer dig­i­tal­en Bear­beitung nach wie vor geneigt sind als Ablich­tung der Wirk­lichkeit anzuse­hen, an die mehr oder weniger exponierte Posi­tion der Per­son, die das Unwet­ter vor Ort aufnehmen kon­nte. Die Tat­sache, dass die Fotografin ein gle­icher­weise gefahrvolles wie faszinieren­des Windereig­nis von unserem Stand­punkt aus nicht nur visuell wahrgenom­men, son­dern in Präsenz erlebt hat, holt uns als Miter­lebende an den Ort des Geschehens. Es ist der nach wie vor authen­tis­chen Charak­ter, der die Fotografie eines außergewöhn­lichen oder extremen Wet­tergeschehens dem gemal­ten oder auf andere Weise hergestell­ten Bild voraushat.

Gle­ich­wohl lässt sich die von der Fotografin erlebte Dra­matik des Augen­blicks nur eingeschränkt an diejeni­gen ver­mit­teln, die ihr Bild oder dessen Repro­duk­tion los­gelöst vom sit­u­a­tiv­en Ereig­nis in geschützten Räu­men betra­cht­en. Die atmo­sphärische Anmu­tung und Ges­timmtheit, von der Ost­berg in der Land­schaft ergrif­f­en wurde, ein­schließlich ihrer Angst oder Sorge in das Unwet­ter hineinzuger­at­en, unter­schei­den sich zwangsläu­fig von jen­er Stim­mung, die ihre Auf­nahme bei Betra­ch­terin­nen und Betra­chtern auszulösen ver­mag. Ohne die Wahrnehmungsqual­itäten kör­per­lichen Spürens, ohne leib­lich-affek­tive Betrof­fen­heit kön­nen wir uns nur vor dem Hin­ter­grund eigen­er Erfahrun­gen und eige­nen Bilder­lebens von der Ästhetik des Gefahrvollen beein­druck­en lassen. Es wird grundiert durch eine zunehmende medi­ale Bild­präsenz von Extremwet­ter­si­t­u­a­tio­nen, die der men­schengemachte Kli­mawan­del allerorts nach sich zieht. Dass Fotografen sich für ihre Bilder extremen Naturge­wal­ten aus­set­zen spricht für eine Fasz­i­na­tion am unmit­tel­baren kör­per­lichen Erleben von Wet­ter­ereignis­sen. Uns ermöglicht es die bild­hafte Repräsen­ta­tion des Wirbel­sturms in der sprechen­den Form sein­er Wolkengestalt, am Ein­druck desjeni­gen teilzuhaben, der die Ekstase des Windes erlebt hat. Dabei beflügeln die rel­a­tive Sel­tenheit eines Tor­na­dos und seine in der bild­haften Abstrak­tion teils unwirk­lich erscheinende Wirk­lichkeit das imag­i­na­tive Mit- oder Nacher­leben nicht weniger, als es anschaulichen Beschrei­bun­gen von Augen­zeu­gen gelingt.

Beispiele dafür bieten die bere­its erwäh­n­ten, von Alfred Wegen­er abge­druck­ten Berichte. (Wegen­er 1917, 7–32) Sie dienen in erster Lin­ie dazu, das auf­se­hen­erre­gende Ereig­nis zu doku­men­tieren und anderen so präzise und anschaulich wie möglich vor Augen zu führen. Fol­glich wird die Form des beobachteten Wind-Wolken-Gebildes mit bekan­nten Din­gen, wie Trichter, Zapfen, Korb, Schlauch, Säule, Seil, aber auch Nebel­strahl, Sta­lak­tit und sog­ar dem Sauger eines Polypen ver­glichen. Wir erfahren etwa, dass am finnis­chen Meer­busen 1796 „aus ein­er lang gebilde­ten Masse düster­er Wolken von schwarz-blauer Farbe […] zwei fürchter­lich her­ab­sink­ende Zapfen“ (ebd., 11) beobachtet wur­den oder im Erzge­birge ein „hornar­tig gekrümmtes Gebilde“, welch­es sich „schief nach unten zu einem mächti­gen Streifen aus­gestreckt [hat­te], dessen Ende drei fin­ger­ar­tige Fort­sätze trieb, deren mit­tel­ster sich unge­heuer ver­längerte und in weit­em Bogen sich gegen die Erde senk­te.“ (ebd., 23) „Ein Wirbel wie ein Korb“ wird 1906 auf dem ruhi­gen Zuger See gesichtet. Nach „weni­gen Sekun­den erhob sich aus dem Korb eine viel­spitzige Wasser­garbe, aus welchem endlich eine dünne Säule her­auswuchs, die mit einem zapfe­nar­ti­gen unteren Vor­sprung der Wolke sich vere­inigte.“ (ebd., 30) Ein weit­er­er Chro­nist ver­gle­icht die Wasser­hose in Zug aus­drück­lich „nicht mit ein­er steifen Säule“ […,], son­dern „eher mit einem tas­ten­den Kautschukschlauch oder dem Sauger eines Polypen.“ (ebd.) Eine Tor­nado­bil­dung über Teplitz (1887) wird in ihrer hor­i­zon­tal­en Aus­rich­tung als „Nebel­röhre“ beze­ich­net: „Es hat­te den Anschein, als ob zwei aus dem dun­klen Him­mel wenig her­vortre­tende ent­fer­nte Wolken mit einan­der durch die Nebel­röhre ver­bun­den wären, wobei die eine Wolke die andere abzusaugen schien.“ (ebd.) Von „umgekehrten Kegeln“ ist die Rede, „die lotrecht­en Sta­lak­titen von der Wöl­bung ein­er unterirdis­chen Höh­le ähnel­ten“ und „sobald ihre Spitzen das Meer­wass­er berührte, dieses sich zu einem kleinen Berge erhob“ (ebd., 9). Neben dem „Schaus­piel“ bei Kap Mat­a­pan (Pele­ponnes) „Wolken­massen in Gestalt dick­er cylin­der­för­miger Wasser­säulen herun­ter­sinken zu sehen“ (ebd., 14), wird die Wind­hose mit einem aus Nebel gebilde­ten Seil oder ein­er her­ab­hän­gen­den Leine ver­glichen. Im schwedis­chen Nöt­t­ja kann ein Augen­zeuge 1883 die Bewe­gun­gen eines solchen Nebel­seils sehr genau beschreiben. Dort schien eine „hell­graue Wolke sich zu einem groben Seil auszus­pin­nen, welch­es in über­all gle­ich­er Bre­ite vom Him­mel herab zur Erde hing, zeitweise sich biegend und sich unaufhör­lich drehend, und zwar in umgekehrter Rich­tung wie die Zeiger ein­er auf dem Boden liegen­den Uhr. Das Seil, welch­es zuerst nur 2/3 des Abstandes der Wolke von der Erde aus­machte und an der Wolke fest war, knüpfte sich sodann auch an die Erde an. Dies ging indessen vor sich, daß das unter­ste Drit­tel sich durch Ansaugen von der Erde her erhob, worauf die ganze Säule gle­ich­för­mig und sehr schnell rotierte, ähn­lich ein­er Leine oder einem Seil, das herumge­dreht wird. Auf der ganzen Länge der Säule schienen ihre Bestandteile eine kreisende, aufwärts gehende Rich­tung zu haben.“ (ebd., 20)

Schließlich gibt es eine inter­es­sante Beobach­tung zur fehlen­den materiellen Sub­stanz eines Tor­na­dos: „Die Materie der Trombe schien mir vol­lkom­men ähn­lich der der Wolken zu sein, und ihre Trans­parenz ges­tat­tete zu sehen, daß ihr Inneres voll­ständig leer war.“ (ebd., 9) Mehrfach wer­den Gerüche (eigen­tüm­lich fremd, wider­lich oder schwe­fe­lar­tig) und Geräusche beschrieben:

„Man hörte aufs Deut­lich­ste das Geräusch der Luft, welche vom oberen Teil der Trombe senkrecht her­ab­fal­l­end, mit Gewalt auf das Meer schlug, es zwang sich auszuhöhlen und um die Höh­lung herum eine schäu­mende Lamelle von mehreren Fuß Höhe emporhob; und die Ober­fläche der Höh­lung kochte und schäumte und wurde in ein­er kreisenden Bewe­gung herumge­führt […].“ (ebd.,10)

Anders als bei wis­senschaftlichen Erk­lärun­gen oder Def­i­n­i­tio­nen teilt sich in den Beschrei­bun­gen trotz des Bemühens um präzise und bild­haft ein­deutige Darstel­lung auch etwas von der Art und Weise mit, in der das Wind-Wolken-Ereig­nis erfahren wurde. Indiz dafür sind hier und da eingestreute Adjek­tive wie fürchter­lich, mächtig, schauder­haft, unge­heuer. Auch wird Freude darüber geäußert, das sel­tene Naturschaus­piel miter­leben zu kön­nen. Indem die Berichter­stat­ter schildern, wie die sprechende Form allmäh­lich aus sich her­aus­tritt, in charak­ter­is­tis­ch­er Weise zur Anwe­sen­heit und Präsenz kommt, gehen sie als Zeu­gen eines eksta­tis­chen Ereigniss­es zugle­ich eine lebendi­ge Beziehung zum „Aktu­al­itätsvol­lzug“ (Böhme 1995, 174) des Geschehens ein. Böhme spricht mit Blick auf den Zusam­men­hang von Ekstase, Ontolo­gie und Ästhetik von der „Beschrei­bung des Seien­den im Geschehen seines Aufge­hens“, indem „Weisen des Her­vortretens spez­i­fiziert und benan­nt wer­den“ (ebd., 175) und ver­gle­icht sie mit einem Bild:

„Die Beschrei­bung, die man von einem Ding gibt (…) ist so etwas wie ein Bild. Bei­des – Beschrei­bung wie bildliche Wieder­gabe eines Dinges – sind nicht das Ding selb­st, sollen aber in gewiss­er Weise einem anderen die Präsenz des Dinges ver­mit­teln. Was in der Beschrei­bung oder der bildlichen Darstel­lung an Din­gen geschieht, ist die Abhe­bung ihrer Ekstasen. […] Beschrei­bung oder bildliche Darstel­lung gehören also selb­st zum Her­vor­ge­treten-Sein des Dinges, sie sind abge­hobene, d.h. auch weit­er artikulierte und her­aus­ge­hobene, aber eben auch isolierte und stillgestellte Ekstasen.“ (ebd., 175/76)

Abb. 6: Formen der Windhose von Oldenburg, 1890 von Augen-zeugen aufgezeichnet
Abb. 6: For­men der Wind­hose von Old­en­burg, 1890 von Augen-zeu­gen aufgeze­ich­net

Die in Wegen­ers Buch abge­bilde­ten Zeich­nun­gen eines 1890 bei Old­en­burg gesichteten Tor­na­dos – von mehreren Augen­zeu­gen mit Bleis­tift auf Papptafeln ange­fer­tigt – gehen mit den Beschrei­bun­gen in dem Bemühen übere­in, der Wind­hose Gestalt und Form zu geben, um „ein klares Bild der Erschei­n­ung“ (Wegen­er 1917, 25) zu gewin­nen. (Abb. 6) Fol­glich wird das beobachtete Wolkenge­bilde lin­ear kon­turi­erend erfasst und als qua­si stillgestellte Ekstase in sein­er her­vortre­tenden, mehr oder weniger typ­is­chen Form fix­iert.

Anders als die his­torischen Skizzen und Beschrei­bun­gen, die das Erlebte in ein­er annäh­ernd objek­tiv­en Weise zu erfassen suchen, wer­den Bilder von Wit­terungsereignis­sen in der Kun­st nicht zulet­zt mit Blick auf eine Wirkung im Sinn jen­er affek­tiv­en Betrof­fen­heit gestal­tet, die Men­schen bei ihrem Anblick ergreifen soll. Viele Kün­st­lerin­nen und Kün­stler, allen voran William Turn­er, sind Meis­ter in der Prax­is des Erzeu­gens von Atmo­sphären im Bild. Sie set­zen diese nicht nur so in Szene, dass sich den Betra­ch­terin­nen und Betra­chtern Jahres- oder Tageszeit­en erschließen, son­dern ver­mit­teln durch Auflö­sung klar kon­turi­ert­er For­men unter Ein­wirkung von wahrnehm­baren Luft­phänome­nen wie Nebel, Dun­st, Wolken und Licht atmo­sphärische Stim­mungen von Wit­terungsereignis­sen in der Land­schaft. (Abb. 7) So heben sich in Turn­ers

Abb. 7: William Turner: Seestück mit aufkommendem Sturm, um 1840, Öl/Lw. 91,5 x 121,5 cm. London, Tate Gallery
Abb. 7: William Turn­er: Seestück mit aufk­om­men­dem Sturm, um 1840, Öl/Lw. 91,5 x 121,5 cm. Lon­don, Tate Gallery

späten Gemälden wie Seestück mit aufk­om­men­dem Sturm wed­er Hori­zon- oder Ufer­lin­ien, noch Umrisse einzel­ner Wolken deut­lich ab. Auch im Bild Stür­mis­che See mir Del­phi­nen (um 1840) lassen sich die Tiere eher erah­nen, als bild­haft iden­ti­fizieren. Dabei scheint es, als kön­nte eine die Dinge miteinan­der verbindende, sie in Unschärfe führende Mal­weise das Unwet­tergeschehen eher für ein indi­vidu­elles Erleben und damit ein­herge­hen­des Wahrnehmen des Atmo­sphärischen öff­nen, als die detail­ge­nau separi­erende Darstel­lung von Einzel­heit­en. Eine solche zeich­net das kle­in­for­matige Bild lucht des nieder­ländis­chen Kün­stlers Olphaert den Otter von 2009 aus.[16] (Abb. 8) Der im Auss­chnitt gegebene

Abb. 8: Olphaert den Otter: lucht 18/2/2009, 2009, Eitempera auf Papier, 18 x 26 cm
Abb. 8: Olphaert den Otter: lucht 18/2/2009, 2009, Eit­em­pera auf Papi­er, 18 x 26 cm

Luftwirbel mit Wolken­schlauch vor dun­klem Grund ver­mit­telt den Ein­druck eines durch schwungvolle Pin­selzüge in Bewe­gung ver­set­zten Kreisels, der sich in sein­er Form durch starke Hell-Dunkel-Kon­traste und Abhe­bun­gen vom Grund zugle­ich auch ver­fes­tigt.

Begriffe und For­men, die sich einem Tor­na­do­ereig­nis auf­grund sein­er Gestalt­bil­dung zweifels­frei zuschreiben lassen, schützen ander­er­seits auch ein Stück weit vor der Ohn­macht des Unver­füg­baren, die Stürme in ihrer Urge­walt mit sich brin­gen. Geban­nt und bezähmt wer­den solche Äng­ste über Jahrhun­derte durch mythis­che Darstel­lun­gen und Per­son­ifika­tio­nen, wie sie etwa in Darstel­lun­gen von Winds­bräuten nach­leben, die in der Zeit der Klas­sis­chen Mod­erne unter anderem Oskar Kokosch­ka oder Max Ernst mal­ten.[17] Let­zter­er hat wirbel­nde Winds­bräute mith­il­fe von Schnur-Frot­ta­gen in Gestalt rasender Pferde ver­bildlicht, die in nordis­chen und slaw­is­chen Mythen über­liefert sind. Auch von Anselm Kiefer gibt es das Bild ein­er über Berggipfeln schweben­den und von wirbel­nden schwarzen Haaren umspiel­ten Winds­braut in der Samm­lung Würth.[18]

Atmo­sphärische Abhe­bun­gen und Halb­dinge

Die in der Land­schaft sich ein­stel­lende Bild­haftigkeit und eine mit dem Wet­ter­ereig­nis ein­herge­hende Wahrnehmungsver­schiebung vom Erd­bo­den Rich­tung Him­mel und Wolken leg­en es nahe, das atmo­sphärische Geschehen rund um die Tor­nado­bil­dung in den Blick zu nehmen. So kündigt sich ein aufziehen­des Unwet­ter meist schon im Vor­feld durch eine bes­timmte Atmo­sphäre an. Die Aus­sage „etwas braut sich zusam­men“ meint neben dem in unzäh­li­gen Fotos fest­ge­hal­te­nen Ballen von Schlechtwet­ter­wolken auch jenes Spüren ein­er Anwe­sen­heit von etwas, noch bevor es sicht­bar aus sich her­aus­ge­treten ist. Dem Gewahrw­er­den bedeu­tungsvoller Anze­ichen fol­gt meist erst im zweit­en Schritt eine konkretisierende Bes­tim­mung des bevorste­hen­den Wet­ter­wech­sels durch Analyse von Wolken­for­ma­tio­nen und ‑kon­stel­la­tio­nen, was eine Art phys­iog­nomis­ches Erken­nen im Sinne ein­er „Deu­tung sicht­bar­er Zeichen für Ver­bor­genes“ (Böhme 2014, 203) voraus­set­zt.

Da jede Atmo­sphäre sich als die „gemein­same Wirkung der Wahrnehmenden und des Wahrgenomme­nen“ (Böhme 1995, 34) erweist, die zwis­chen dem in der freien Land­schaft toben­dem Unwet­ter und den­jeni­gen, die es erleben, entste­ht, ist kaum all­ge­mein zu bes­tim­men, wodurch sich ein atmo­sphärisch­er Ein­druck ausze­ich­net und wie er let­ztlich zus­tande kommt, sich im hier the­ma­tisierten Ereig­nis her­ausbildet. Bezüglich der Bild­haftigkeit von Atmo­sphären und der atmo­sphärischen Wirk­lichkeit von Bildern fragt Böhme fol­glich danach, wie sich jen­seits ein­er bloßen Dichotomie von Sub­jekt und Objekt das sinnlich Gegebene, das „eine Atmo­sphäre enthält oder ausstrahlt und den dafür Sen­si­blen ergreift“ (Böhme 1995, 137), in Worte fassen lässt. Neben Kor­re­la­tio­nen zwis­chen den objek­tiv­en Gegeben­heit­en des Natur­ereigniss­es mit dem daran affek­tiv Erfahrbaren nen­nt er als weit­eren Anhalt­spunkt Anmu­tun­gen, die durch Synäs­the­sien oder Mitvol­lziehen von Bewe­gun­gen wirk­sam wer­den und zu ein­er Art Aus­drucksver­ste­hen des Erlebten führen. Ein solch­es Mitvol­lziehen kann sich etwa beim spi­ralför­mi­gen Zeich­nen der rotieren­den Tor­na­do-Säule ereignen, während synäs­thetis­che Wahrnehmungen durch die Vielfalt der Sin­ne­sein­drücke des Ereigniss­es stim­uliert wer­den. Als Abhe­bung beze­ich­net Böhme schließlich jene spez­i­fis­che „Weise, in der Dinge aus sich her­aus­treten“ (ebd., 140), indem sie das umgebende Medi­um auf eine bes­timmte Art und Weise mod­i­fizieren. Solch ein Abheben und in Erschei­n­ung-Treten des Atmo­sphärisch-Bild­haften wird durch das Geschehen rund um die Entste­hung eines Tor­na­dos im über­tra­ge­nen Sinn anschaulich illus­tri­ert, kommt es dabei doch inmit­ten des sich zunächst unbes­timmt und raum­greifend aus­bre­i­t­en­den Unwet­ter­szenar­ios zur Her­aus­bil­dung ein­er de fac­to unkör­per­lichen, zugle­ich aber kör­per­haft wirk­enden Erschei­n­ung. Physikalisch betra­chtet sind es dur­chaus konkrete Eigen­schaften, wie die charak­ter­is­tis­che Gestalt, die zunehmende Präg­nanz in Form und Kon­tur sowie Farb- und Hel­ligkeit­skon­traste zur Umge­bung, durch die sich der Wirbel­sturm als zunehmend sicht­bar­er ‚Kör­p­er‘ in sein­er Umge­bung bemerk­bar macht – ein­er Umge­bung, deren materielle Beschaf­fen­heit er mit zunehmender Vehe­menz auf drastis­che Weise mod­ulieren und mod­i­fizieren wird. Auf­grund dieser ihm nicht abzus­prechen­den Gestalt und Wirk­mächtigkeit fragt sich, mit was für einem Kör­p­er wir es inmit­ten des atmo­sphärisch aufge­lade­nen Wet­ter­ereigniss­es eigentlich zu tun haben.

Wie Wind im All­ge­meinen oder ein Wirbel­sturm im Beson­deren als verd­inglichte Kraft ontol­o­gisch fass­bar wird, verdeut­licht aus phänom­e­nol­o­gis­ch­er Per­spek­tive der von Her­mann Schmitz einge­führte Begriff der Halb­dinge. Diese unter­schei­den sich von physikalis­chen Kör­pern, die in ihrer ver­lässlichen Kon­stanz Masse haben und Raum ein­nehmen, vor allem darin, dass ihre Ursache nicht von ihrer Wirkung trennbar ist. Wind wird, so Schmitz, „als nack­te Kraft erfahren, nicht als Äußerung eines Angreifers, der diese Kraft bloß ausübt.“ (Schmitz 2003, 78) Anders als wir es von materiell greif­baren Din­gen mit per­ma­nen­ter Präsenz ken­nen, ist jedes Halb­d­ing fol­glich nur im Zus­tand der Auswirkung sein­er Kraft erleb­bar. Der Ruhezu­s­tand kommt sein­er Nich­tex­is­tenz gle­ich: Nicht wehen­der Wind ist nicht vorhan­den­er Wind.[19] „Auf die Halb­dinge kann man sich nicht ver­lassen, weil ihre Dauer nicht kon­stant ist, und man kann sie nicht gle­ich­sam im Ruhezu­s­tand, bevor sie ihre Kräfte ausüben, vor­beu­gend bear­beit­en, weil die Ursache, die sie sind, nur in der schon aktuellen Ein­wirkung beste­ht.“ (ebd., 79) Während Schmitz Din­gen dem­nach eine drei­gliedrige, mit­tel­bare Kausal­ität zuschreibt – „zwis­chen sie als Ursache und den Effekt schiebt sich als Mit­tel­glied die Ein­wirkung“ (ebd.) – fällt bei Halb­din­gen die Ursache mit der Ein­wirkung zusam­men. Für Wind, wie für andere Halb­dinge auch (elek­trisch­er Schlag, Melo­di­en, Schmerz, Stimme, Blicke, Gefüh­le), gilt daher, „dass sie unserem Leib als etwas begeg­nen, was kein dinglich­es Gegenüber ist, son­dern sie begeg­nen uns als ein Ein­fluss am eige­nen Leib“ (Landweer, S. 170). Halb­dinge ermöglichen dem­nach Wahrnehmungsereignisse nicht nur, sie erzwin­gen sie unter Umstän­den sog­ar, da sie aus ein­wirkungs­freier Dis­tanz kaum erfahrbar sind. Damit bleibt festzuhal­ten: Ursache und Vorhan­den­sein des Windes entsprechen sein­er Wirkung und diese Wirkung erfahren wir kör­per­lich.

Indem er die wahrnehm­baren Wirkun­gen von Wind und Sturm betont anschaulich beschreibt, ist sich auch der römis­che Dichter Lukrez der Prob­lematik des unsicht­bar Vorhan­de­nen bewusst, jen­er Kör­p­er also, „die eingestandenermaßen/ Zwar in der Welt sich befind­en und doch sich nicht sicht­bar bekun­den.“ (Lukrez 1957, 37). „Erstlich denk‘ an des Windes Gewalt!“, erin­nert er und fragt, nach ein­er Beschrei­bung sein­er drastis­chen Auswirkun­gen: „Was sind also die Winde? […] die Winde sind auch nicht­sicht­bare Kör­p­er, da sie in Tat­en und Sit­ten als Neben­buh­ler erscheinen zu den gewalti­gen Strö­men, die sicht­bare Kör­p­er besitzen.“ (ebd.) Unberück­sichtigt beim Ver­an­schaulichen unsicht­bar­er Dinge am Beispiel des Windes lässt Lukrez jenen Sturm, der sich durch verdich­t­ende Rota­tion in einen Wolken­strudel klei­det und erst trichter-, dann säulen- oder schlauch­för­mige Gestalt annimmt. Entschei­dend für das Wahrnehmen dieser Gestalt bleibt let­ztlich der Abstand, der den Sturm in der Land­schaft Bild wer­den lässt und es erlaubt, seine Form ver­gle­ichend zu beschreiben und lin­ear zu umreißen. Die Dis­tanz zum Tor­na­do, der sich als par­tielles Ereig­nis vom raum­greifend­en Wet­tergeschehen rings umher abhebt und trotz der von Augen­zeu­gen beobachteten Trans­parenz und Leere (Wegen­er 1917, 9) als kör­per­haft wahrnehm­bares Gebilde eine unberechen­bare Eigen­dy­namik entwick­elt, ist den Wind­jägern zugle­ich Ver­sicherung dafür, mit ihrer Aus­beute an Fotos, Fil­men und Dat­en sein­er direk­ten Ein­wirkung zu entkom­men. Damit gibt es min­destens zwei gute Gründe dafür, sich den Wirbel­sturm vom Leib zu hal­ten.

Vom Wahrnehmen des Windes und dem Spüren von Atmo­sphären

Vom Wind ergrif­f­en zu wer­den, löst – unab­hängig davon, in welch­er Form er sich visuell bemerk­bar macht – ein bre­ites Spek­trum von miteinan­der verknüpften Sinneswahrnehmungen und kör­per­lichen Empfind­un­gen aus. Allererst spüren wir Wind auf der Haut. Weil unser Kör­p­er Wärme an die Luftschicht direkt über der Haut abgibt, der Wind dieses isolierende Luft­poster aber laufend weg­bläst, nehmen wir leicht­en Wind oder hefti­gen Sturm als Wärmev­er­lust wahr. Daher fühlt sich Luft bei gle­ich­er Tem­per­atur mit Wind küh­ler an als ohne Wind. Auch die Stim­u­la­tion der Kör­per­haare spielt eine Rolle. Sie wird durch Ner­ve­nen­den in den Haar­fol­likeln in Ner­vensignale über­set­zt und an das Gehirn geleit­et. Hören kön­nen wir Wind, weil strö­mende Luft aero­dy­namisch Geräusche erzeugt. Zudem trägt sie als Medi­um des Schalls andere Geräusche und Klänge mit sich, was die reale Ent­fer­nung zur Ton­quelle verkürzt. Je stärk­er der Wind, umso mehr nehmen wir ihn kinäs­thetisch wahr, indem unser Gle­ichgewichtssinn auf den Druck der Luft reagiert. Für das Aus­bal­ancieren der Kör­per­hal­tung, die Ori­en­tierung im Raum und das Ein­schätzen von Geschwindigkeit­en ist die vestibuläre und pro­pri­ozep­tive Wahrnehmung zuständig. Auf Sturm reagieren Pro­pri­ozep­toren, indem sie das Gehirn über Zus­tand und Posi­tion von Muskeln, Sehnen und Gelenken informieren. Kör­per­hal­tung und die Aus­rich­tung einzel­ner Kör­perteile kön­nen damit erkan­nt und an verän­derte Bedin­gun­gen angepasst wer­den.

Sowohl kör­per­lich­es Spüren als auch die Wahrnehmung der Zus­tands- und Lagev­erän­derung von Din­gen außer­halb unseres Kör­pers (Rauch, Blät­ter, Zweige, Äste, Bäume) wer­den herange­zo­gen, um die Stärke des Windes zu messen. Denn während Wolken sich in ihrer Typolo­gie und Klas­si­fizierung der Erfas­sung durch numerische Skalen entziehen, gilt als Gradmess­er für Winde seit Anfang des 19. Jahrhun­derts die soge­nan­nte Beau­fort­skala.[20] Der zufolge lässt sich Wind­stärke 2 als Wind­hauch im Gesicht spüren, während eine schwache Brise der Stärke 3 Blät­ter und Zweige bewegt. Bei Wind der Stärke 5 schwanken kleine Laub­bäume, ab Stärke 10 wer­den Bäume entwurzelt. Die Kraft eines Tor­na­dos resul­tiert u.a. aus sein­er Geschwindigkeit, die zwis­chen ein­hun­dert und sel­te­nen fünfhun­dert Stun­denkilo­me­tern betra­gen kann. Für Stark­sturmereignisse wie Hur­rikane, Tai­fu­ne und Tor­na­dos gibt es seit 1971 die soge­nan­nte Fuji­ta-Skala,[21] die der Schaden­sklas­si­fika­tion dient.

Weite räum­liche Aus­dehnung und große Ent­fer­nun­gen führen dazu, dass wir uns bei der Ein­schätzung metrisch­er Dat­en wie Größe, Gewicht und Dichte von optisch wahrnehm­baren Wet­ter­phänome­nen wie Wolken oft genug täuschen. So wiegen die uns leicht und luftig erscheinende Schön­wet­ter­wolken etliche tausend Ton­nen, eine Tat­sache, die wir wed­er mit ein­er per­ma­nent von Luft­strö­mungen und Winden bewegten Wasser­damp­fansamm­lung in Ein­klang brin­gen, noch mit der Erfahrung, dass Schw­eres seinen Platz am Boden hat und dabei sowohl form­sta­bil als auch kom­pakt erscheint. Wis­senschaftlich belegte Fak­ten ger­at­en hier in Kon­flikt mit alltäglichen Wahrnehmungser­fahrun­gen, die für unser Han­deln und Beurteilen allererst maßge­blich bleiben.

Ein­er­seits nehmen wir Wit­terungsereignisse als physikalis­che Ein­wirkun­gen mit allen Sin­nen, also dem Kör­p­er wahr, ander­er­seits rufen sie als atmo­sphärisches Geschehen Befind­lichkeit­en her­vor, die nicht nur in bedrohlichen Sit­u­a­tio­nen affek­tiv-emo­tionale Züge tra­gen und unsere Gefühlswelt bee­in­flussen (Böhme 2003). Wet­ter und Gefüh­le, bei­des sind let­ztlich Atmo­sphären (Böhme 2009, 248).[22] Atmo­sphäre im mete­o­rol­o­gis­chen Kon­text als Total­ität des Luftraums der Erde kor­re­spondiert dabei mit jen­er emo­tionalen Tönung eines ges­timmten Raumes, die „die Sphäre gespürter leib­lich­er Anwe­sen­heit“ (ebd., 248) ist und sich im Bere­ich der Wit­terung vor allem im kom­plex­en zeit- und raumge­bun­de­nen Zusam­men­wirken von Wolken, Nieder­schlag, Nebel, Wind, Tem­per­atur und Licht mit­teilt. Wir nehmen solche atmo­sphärischen Verän­derun­gen bewusst aber auch unbe­wusst wahr. Denn, so fasst es der Wahrnehmungspsy­chologe Axel Buether zusam­men:

„Die Lufthülle der Erde bildet einen atmo­sphärischen Raum, dessen Wet­ter­erschei­n­un­gen, wir mit allen Sin­nen spüren. Die feinen Par­tikel der Luft absorbieren, reflek­tieren und streuen die ener­getis­che Strahlung der Sonne. Sie kön­nen sich über die Auf­nahme von Feuchtigkeit zu Wolken verdicht­en und ther­mis­che Reak­tio­nen, wie Wind, Sturm oder Gewit­ter, aus­lösen. Durch den Wech­sel der Tages- und Jahreszeit­en sowie der Wet­terbe­din­gun­gen verän­dert sich die Atmo­sphäre im Außen- sowie in den Innen­räu­men unser­er baulichen Struk­turen [sic!] beständig. Durch die Farb- und Lichtwech­sel weit­et oder verengt, ent­gren­zt oder verdichtet, strahlt oder verdüstert sich unser gesamter Leben­sraum.“ (Buether 2010, 172)

Let­ztlich sind es atmo­sphärische Phänomene von Wet­ter und Jahreszeit­en, über die wir heutzu­tage Natur erleben. Als Natur­ereig­nis ist Wet­ter fol­glich ein gutes Beispiel dafür, wie eine Verän­derung der Atmo­sphäre als spür­bare Zus­tand­sän­derung eines Teils der natür­lichen Umwelt unser Erleben bee­in­flusst oder bee­in­flussen kann. Zugle­ich berührt ihre phänom­e­nale Erschei­n­ungsweise unser ästhetis­ches Empfind­en. (ebd.) Damit kommt dem Wet­ter wie der Land­schaft der Sta­tus ein­er ästhetis­chen Kat­e­gorie zu. An der Schnittstelle von bei­den hat uns ins­beson­dere in der europäis­chen Kun­st der let­zten Jahrhun­derte die Darstel­lung von Wolken gelehrt, sie als Kon­stituenten von Atmo­sphären zu lesen, nicht nur in der Land­schafts­malerei. Auch der Wind ist am atmo­sphärischen Geschehen unmit­tel­bar beteiligt. „Im Wind entste­hen Atmo­sphären,“ schreibt Jür­gen Has­se, „die sowohl etwas leib­lich Unruhiges mit sich brin­gen als auch die Dinge in der äußeren Welt in Bewe­gung ver­set­zen. Im Medi­um der Luft über­lagern sich die kli­ma­tol­o­gis­chen und die am eige­nen Leib spür­baren Atmo­sphären.“ (Has­se 2012, S. 142) Allein die vielbeschworene ‚Ruhe vor dem Sturm‘ lässt einen plöt­zlichen Wech­sel atmo­sphärisch­er Stim­mungen erwarten.

Mit Blick auf die durch eine herrschende Wit­terung mod­i­fizierte Land­schaft als Gegen­stand der Wahrnehmung lässt sich mit Böhme die dort herrschende Atmo­sphäre von der sub­jek­tiv­en Ges­timmtheit eines Men­schen dur­chaus unter­schei­den. Oder, wie es Hilge Landweer aus­drückt: „Kli­ma und auch Wet­ter wer­den als etwas Ganzheitlich­es am eige­nen Leib gespürt, aber als etwas außer uns wahr­genommen.“ (Lan­weer 2020, 168) So kann sich jemand beim Ein­treten in den Land­schaft­sraum von dieser Atmo­sphäre ergreifen lassen und in ihr aufge­hen. Möglich und wahrschein­lich ist es nach Böhme auch, dass ein­er solchen Ingres­sion eine Diskrepanz voraus­ge­ht, insofern die in der Land­schaft vorge­fun­dene Stim­mung von der momen­ta­nen Befind­lichkeit des Men­schen abwe­icht (Böhme 2001, S. 46). Beim Her­aus­bilden eines gefährlichen Sturms, zumal wenn er sich auf ras­ante Weise kör­per­haft zu mate­ri­al­isieren scheint, entste­ht diese Diskrepanz­er­fahrung allein durch das Ein­brechen des Gefahrvollen, dem nicht zulet­zt auf­grund bere­its erlebter bedrohlich­er Sit­u­a­tio­nen in der Regel eine Dis­tanzierung fol­gt. Hier aber kommt es zur Ambivalenz zwis­chen Schreck­en und Gefahr auf der einen, Begeis­terung und Fasz­i­na­tion auf der anderen Seite, was mit den wider­sprüch­lichen Facetten übere­in­stimmt, durch die Wind sich generell ausze­ich­net.[23] Diese Zwiespältigkeit geht mit ein­er para­dox­en Zer­ris­senheit zwis­chen Anziehung und Dis­tanzierung ein­her, was sich physisch und affek­tiv-emo­tion­al auswirken kann. Grund­sät­zlich sind es solche Diskrepanz­er­fahrun­gen, durch die eine Atmo­sphäre in der Land­schaft als Gegen­stand außer­halb der eige­nen Empfind­ung wahrnehm­bar wird, wom­it ihr „eine rel­a­tive ontol­o­gis­che Eigen­ständigkeit und Züge eines gegen­ständlichen Charak­ters“ zukommt. (Landweer 2020, 170). Böhme hat daher Halb­dinge wie Wind, Wet­ter, Nacht oder Jahreszeit­en als das Atmo­sphärische gekennze­ich­net, das sich vom Ich-Pol deut­lich­er abset­zt als die vom sub­jek­tiv­en Anteil mitbes­timmte Atmo­sphäre, die eine voll­ständi­ge Dis­tanzierung nicht zulässt (Böhme 2001, 46). Dem­nach ist es das Atmo­sphärische, das uns in ein­er durch Wind und Wet­ter mod­i­fizierten Land­schaft ergreift. Als von ihr abge­hoben­er Kör­p­er bleibt der Tor­na­do zwar Teil des vom Unwet­ter bes­timmten atmo­sphärischen Raumes, er separi­ert sich aber zugle­ich durch seine verdichtete Gestalt, die Kurzzeit­igkeit sein­er Präsenz und die Geschwindigkeit, mit der er vor­beizieht.

Für stür­mis­che Winde im Beson­deren wie für die Wit­terung im All­ge­meinen gilt fes­thal­ten, dass wir an den damit ver­bun­de­nen Verän­derun­gen in beson­der­er Weise kör­per­lich und emo­tion­al beteiligt sind und uns der Eige­nak­tiv­ität des Wet­ters außer­halb von schützen­den Behausun­gen kaum entziehen kön­nen. Dass Fotografen große Risiken für das Auf­spüren, Erforschen und bild­hafte Doku­men­tieren außergewöhn­lich­er Wit­terungsereignisse in Kauf nehmen, deckt sich mit dem allen­thal­ben beobacht­baren Bedürf­nis danach, das medi­al und über­wiegend visuell Ver­mit­telte durch kör­per­lich­es Spüren zu erweit­ern und zu inten­sivieren. Men­schen fol­gen diesem Bedürf­nis auch dann, wenn es sie aus geschützten Räu­men in die unwirtliche Wit­terung hin­auszieht, wenn sie bei Wind, Regen oder Schneefall die Land­schaft durch­wan­dern oder spazieren gehen, kurz: bei ‚Wind und Wet­ter‘ das Haus ver­lassen. Und obwohl der Begriff des Windes hier der Allit­er­a­tion geschuldet ist, betont er zugle­ich seine das Wet­ter aktiv gestal­tende Kraft. Vor dem Hin­ter­grund der Fasz­i­na­tion daran, Natur über das herrschende Wet­ter zu erleben, sich Wind und Wet­ter auszuset­zen, bleibt zu fra­gen, ob und auf welche Art und Weise kör­per­na­h­es Erleben und leib­sinnlich­es Spüren von Windge­walt und Wolken­bil­dung in der neueren Kun­st the­ma­tisch wird.

 

Wind und Wolken in der zeit­genös­sis­chen Kun­st

Abb. 9: Orbis pictus. Wind, 1821, kolorierter Kupferstich, 45 x 37 mm
Abb. 9: Orbis pic­tus. Wind, 1821, kolo­ri­ert­er Kupfer­stich, 45 x 37 mm

Der Tor­na­do selb­st, dem sich so viele Wet­ter­fo­tografen ver­schrieben haben, bleibt als rotierende Wind- und Wolkengestalt in der wes­teu­ropäis­chen Kun­st ein seltenes Motiv, was mit der Sel­tenheit seines Auftretens kor­re­spondiert. Eher ist es die Unsicht­barkeit von Winden, die bildende Kün­st­lerin­nen und Kün­stler seit jeher her­aus­fordert. Über Jahrhun­derte haben sie unter­schiedliche Mit­tel und Wege erson­nen, das visuell nicht wahrnehm­bare Ereig­nis zu ver­an­schaulichen.[24] Sind es anfangs Per­son­ifika­tio­nen oder figür­liche Gestal­ten, die, wie es der noch bis ins 19. Jahrhun­dert als Schul­buch gebräuch­liche Orbis sen­su­al­i­um pic­tus des Johann Amos Com­me­nius zeigt (Abb. 9), mit aufge­bläht­en Wan­gen pus­tend und blasend auf das Wehen von Winden in unter­schiedlichen the­ma­tis­chen Kon­tex­ten ver­weisen,[25] bringt es die Beobach­tung und Erforschung der Wirk­lichkeit seit dem 14. Jahrhun­dert mit sich, bewegte Luft durch wahrnehm­bare Auswirkun­gen ihrer Aktiv­ität zu bezeu­gen. Neben dem form­bilden­den Spiel des Windes, das sich an Wass­er, Rauch und Wolken beobacht­en lässt,[26] zeigt nun alles, was Wind bewe­gen und ergreifen kann – Pflanzen, Haare, tex­tile Stoffe, Veg­e­ta­tion – sein Wehen in Bildern an. Gegen das Wirken der Schw­erkraft wird es in ein­er labilen, nicht auf Dauer halt­baren Posi­tion oder Aus­rich­tung geban­nt.[27] Anders als das form­bildende und bewe­gende Spiel ist das Auf­brausen des Windes seit jeher gefürchtet, löst der wütende Sturm doch Dinge der Welt aus ihren fest­ge­fügten Zusam­men­hän­gen, lässt sie her­ab­stürzen oder – sich der Schw­erkraft wider­set­zend – umher­fliegen. Er verur­sacht Schiff­shavarien und Ver­wüs­tun­gen. Die Kräfte bewegter Luft kön­nen für Men­schen nach wie vor immer bei­des sein: zer­störerisch und nutzbrin­gend.

Jen­seits solch­er Kat­e­gorien führt sie der Kün­stler Roman Sign­er in ein­er sim­plen Instal­la­tion auf pro­sais­che Weise vor, indem er mit einem Ven­ti­la­tor und einem Holzbrett bei­des in Szene set­zt: Unsicht­barkeit und Kraft bewegter Luft. (Abb. 10) Bei anhal­tender Stromver­sorgung hält die Wind­kraft des Ven­ti­la­tors die Schmal­seite eines dün­nen Bretts im Schwe­bezu­s­tand, stemmt sich gegen seine Fläche.[28] Das kalkulierte Zusam­men­wirken eines winderzeu­gen­den Geräts mit dem nur wenige Zen­time­ter darüber in labil­er Posi­tion gehal­tenem Brett ver­weist auf die in Bewe­gung ver­set­zte, nicht sicht­baren Luft. Hinge­gen nutzt der schot­tis­che Kün­stler Andy Goldswor­thy in der Abschlussszene seines von Thomas Riedelsheimer gedreht­en

Abb. 10 Roman Signer: Ventilator und Brett, 2015
Abb. 10 Roman Sign­er: Ven­ti­la­tor und Brett, 2015

 

Abb. 11: Andy Goldsworthy: Leaning into the Wind, 2017, Film Still
Abb. 11: Andy Goldswor­thy: Lean­ing into the Wind, 2017, Film Still

Doku­men­tarfilms „Lean­ing Into the Wind“ den eige­nen Kör­p­er für ein solch­es Exper­i­ment.[29] (Abb. 11) Am abschüs­si­gen Hang eines Berges über­lässt er sich mit aus­ge­bre­it­eten Armen der Kraft des Windes. Wenn auch nur für Sekun­den wird er wie das Brett von Roman Sign­er im Schwe­bezu­s­tand gehal­ten. Gegen das sich dem Wind in der Land­schaft anver­trauende Aus­set­zen hält Sign­er ihn sich in der gezähmten Form ein­er tech­nisch anmu­ten­den Ver­such­sanord­nung vom Leib.

Auch Wolken haben als „Agen­ten des meta­ph­ysis­chen Spek­takels der Welt“ (H. Böhme 2005, 13) eine lange, die Kün­ste inspiri­erende Geschichte geschrieben,[30]  in der die seit jeher als Vor­boten von Wit­terungsereignis­sen gedeuteten Him­melser­schei­n­un­gen immer auch der Pro­jek­tion und Sym­bol­isierung dienen. Ihre sel­ten scharf kon­turi­erte Gestalt von dun­stiger Plas­tiz­ität, Flüchtigkeit und Vielgestalt gibt Kün­st­lerin­nen und Kün­stler jedoch nicht nur Anlass zum assozia­tiv­en Aus­deuten sich stetig wan­del­nder For­men. Wolken erweisen sich in der Malerei als dankbare Motive, um Kräftev­er­hält­nisse in Bildern zu reg­ulieren, räum­liche Tiefe zu erzeu­gen und Farb- oder Hel­ligkeit­sakzente zu set­zen. Sie kön­nen ein­er Szene Leichtigkeit oder Schwere, eine heit­ere oder unheil­voll düstere Atmo­sphäre ver­lei­hen. Gliedernd und ord­nend bal­ancieren sie als Req­ui­siten des Him­mels das Span­nungs­ge­füge aus und ste­hen damit ganz im Dienst der Bild­dra­maturgie. Seit dem 20. Jahrhun­dert übernehmen mehr und mehr unkon­ven­tionelle Darstel­lungsver­fahren und Mate­ri­alien die Rolle, die in der Natur den for­menden Luft­strö­mungen und Winden zukommt. Wolken wer­den als frei ver­füg­bare Bildele­mente zunehmend vom indi­vidu­ellen Mal­stil vere­in­nahmt. So rin­gen Kün­st­lerin­nen und Kün­stler nicht mehr um ihre natur­ge­treue Darstel­lung oder ver­tiefen sich in das, was der englis­che Maler und Uni­ver­sal­gelehrte John Ruskin anhand von Turn­ers Malerei als „Wolk­en­di­enst“ beze­ich­net hat.[31] Am Wolken­mo­tiv erproben sie nun malerische Frei­heit­en und exper­i­mentelle Möglichkeit­en, wodurch Wolken an der Schwelle zur Abstrak­tion zu Aus­druck­strägern bild­in­tern­er und for­maläs­thetis­ch­er Konzep­tio­nen wer­den.

Abb. 12: Lyonel Feininger: Wolke nach dem Sturm, 1926, Öl/Lw, 43.8 x 71.1 cm. Cambridge, Mass., Busch-Reisinger Museum
Abb. 12: Lyonel Feininger: Wolke nach dem Sturm, 1926, Öl/Lw, 43.8 x 71.1 cm. Cam­bridge, Mass., Busch-Reisinger Muse­um

Bekan­nt für diese Art der Anver­wand­lung ist Lyonel Feiningers Bild Wolke nach dem Sturm (Vogel­wolke) von 1926 (Abb. 12). Es zeigt über der im Quer­for­mat angelegten Strand- und Meeres­zone eine in den Him­mel aus­greifende Wolken­for­ma­tion, die wie ein überdi­men­sion­aler Vogel über der in trans­par­enten Farbflächen angelegten Küsten­land­schaft schwebt. Das kalkulierte Zusam­men­spiel von Vogel, Wind, Wolken und Licht ver­weist auf das Ele­ment Luft, das Feininger mit der für seine Malerei charak­ter­is­tis­chen Struk­turge­bung ver­an­schaulicht. Dass sein Bild tat­säch­lich auf ein Zusam­men­wirken von Wind und Wolken zurück­ge­ht, belegt die zwei Jahre zuvor ent­standene „Natur-Notiz“,[32] eine Bleis­tift­skizze der am Strand der pom­mer­schen Ost­seeküste beobachteten Wolke, deren vom Wind bizarr geformte Gestalt Feininger an einen Vogel erin­nert hat­te. Im Bild begr­a­digt er die zuvor schwungvoll in die Tiefe flucht­ende Küsten­lin­ie und ver­net­zt die drei nun par­al­lel angelegten Bildebe­nen Land, Meer und Him­mel durch trans­par­ente Über­lagerun­gen und jene kristalli­nen Brechun­gen, durch die die Vogel­wolke Gestalt annimmt.

Neben der stilis­tis­chen Anver­wand­lung des Wolken­mo­tivs an konzeptuelle Über­legun­gen ver­danken sich Wind- und Wolk­endarstel­lun­gen seit der klas­sis­chen Mod­erne dem Ein­satz unkon­ven­tioneller Vorge­hensweisen und Mate­ri­alien, die in Kor­re­spon­denz zu Wirk­weisen des Windes oder dem Wand­lungs­drang von Wolken gebracht wer­den. Während es in Kurt Schwit­ter Blatt Wind swept von 1946 Papi­er und Papp­streifen sind, deren diag­o­nale Anord­nung auf ein kraftvolles Wehen des Windes hin­weist,[33] treibt Willi Baumeis­ter im Blatt Wind (1951) großen Tuschek­leckse wie Wolken­fet­zen über die mehr als einen Quadrat­meter große Bild­fläche.[34] Joseph Beuys lässt eine Wolke aus Fett aus dem Meer auf­steigen (1959)[35] und Arnulf Rain­er zeich­net einen Sturm (1968) durch die form­bildende Schwärzung verdichteter, sich über­lagern­der Lin­ien. Ein weit­eres druck­graphis­ches Blatt von ihm spielt mit einem lock­eren Gespinst sich kreuzen­der Ger­aden auf das dynamis­che Geschehen in ein­er zen­tral posi­tion­ierten Wolke an.[36] In der Arbeit Wind (1972/73) aus der Rei­he der Body Pos­es stellt Rain­er den direk­ten Kör­per­bezug her, indem eine mit rot­er Ölkrei­de überze­ich­nete Fotografie seinen in schwungvolle Aufwärts­be­we­gung ver­set­zten Kör­p­er zeigt.[37] Nicht ohne Ironie nähert sich Gün­ter Ueck­er dem Motiv des Windes (Großer Wind I u. II, 1966) mit dem gemein­hin der Fix­ierung dienen­dem Ver­fahren des Nagelns. Höhe, Abstände, Nei­gun­gen und Schat­ten der Nägel, die in eine lein­wandüber­zo­gene, qua­dratis­che Holz­plat­ten geschla­gen wur­den, lassen an wind­be­wegte Gräs­er denken.[38] Antony Gorm­leys Quan­tum Clouds XXVI (2000) lösen sich in einem frag­il wirk­enden Zusam­men­spiel lin­ear­er Ele­mente als schwebende Wolken aus Met­all von der Wand und ver­mit­teln trotz skulp­turaler Mate­ri­al­isierung den Ein­druck von Leichtigkeit und Durch­läs­sigkeit.[39]

Solche Werke aus der zweit­en Hälfte des 20. Jahrhun­derts verdeut­lichen, dass Wolken in ihrer imma­teriellen Vielgestalt nahezu jede materielle und ver­fahren­stech­nis­che Annäherung zulassen. Eine wirk­liche Beziehung zwis­chen Wind und Wolken wird jedoch eher sel­ten dargestellt. So spachtelt Karl Otto Götz einen Tor­na­do mit schwarz­er Farbe auf hellen Bild­grund, wobei bre­ite Schwünge neben rotor­angen Spritzern und Pin­sel­strichen die für seine Mal­weise charak­ter­is­tis­che Dynamik beto­nen, durch die auch das Wolkenge­bilde Gestalt annimmt.[40] Wolken­bil­dung durch Wind find­et im Rah­men der Kun­st nun unmit­tel­bar in der Natur statt. So spielt Andy Goldswor­thy mit der Aktion Snow sun wind throws von 1999 und die Flüchtigkeit des Ereigniss­es an. In win­ter­lich­er Land­schaft lässt er empor geschleud­erte Schneekristalle vor der dun­klen Folie eines Waldes für Bruchteile von Sekun­den eine weiße Wolke bilden.[41] Damit leit­et er die Ten­denz ein, sich Wind und Wolken nicht mit abbilden­den oder skulp­turalen Ver­fahren anzunäh­ern, son­dern Prak­tiken per­for­ma­tiv­er, tech­nis­ch­er oder medi­al insze­niert­er Re-Präsen­ta­tio­nen zu wählen, nicht ohne dabei zugle­ich ökol­o­gis­che Aspek­te zu berück­sichti­gen.[42] So bringt auch die Arbeit In Ele­ments des nieder­ländis­chen Kün­stlers Sjo­erd Knibbel­er kurzzeit­ig Wolken her­vor, hier allerd­ings aus Krei­depul­ver, das durch dünne Met­all­rohre in die Luft geschossen wird. Eine Foto­serie doku­men­tiert, wie der Wind die kün­stlichen Wolken im Wat­ten­meer vor der Nord­seein­sel Föhr formt, vertreibt und wieder auflöst. Knibbel­er bezieht sich mit der Aktion auf die Möglichkeit der stratosphärischen Aerololein­spritzung, mit der sich die Ein­wirkung des Son­nen­lichts auf die Erdober­fläche reduzieren ließe.[43] Bild­ner­isch geban­nt sind hinge­gen jene Wolken, die ihre Wolkeniden­tität nur vor­spie­len. Für seine Foto­serie Clouds (2019–21) hat der Düs­sel­dor­fer Kün­stler Andreas Gefeller Wasser­dampfe­mis­sio­nen der Kühltürme von Kohlekraftwerken fotografiert. Die aus den Schloten

Abb. 13: Andreas Gefeller: Couds, 2019, Fotografie digital bearbeitet, 80 x 64 cm
Abb. 13: Andreas Gefeller: Couds, 2019, Fotografie dig­i­tal bear­beit­et, 80 x 64 cm

quel­lende, mit Ver­bren­nungsrück­stän­den angere­icherte  Abluft gaukelt uns in den dig­i­tal bear­beit­eten Auf­nah­men ein Naturgeschehen vor.[44]

Viele der in den Ausstel­lun­gen in Wien oder Bonn präsen­tierten Werke (s. Anm. 42) zeich­nen sich durch sit­u­a­tive Gegen­wär­tigkeit, durch Aspek­te kör­per­hafter Präsenz sowie die Irri­ta­tion von Wahrnehmungsmustern aus. Bezugnehmend auf die zuvor am Beispiel des Wirbel­sturms ver­han­del­ten Fra­gen leib­sinnlichen und atmo­sphärischen Erlebens und des Zusam­men­wirkens von Wolkengestalt und Windge­walt lassen sich drei Ten­den­zen aus­machen: Wind, der bewe­gend und for­mend auf Dinge ein­wirkt, die qua­si an die Stelle der Wolken treten (a), Wind der als bewe­gende Kraft zum Kopo­duzent der Werke wird, indem er auf Mate­ri­alien und Werkzeuge trifft, die etwas her­vor­brin­gen oder vol­len­den (b) und schließlich Wind, der in der Art sein­er Rein­sze­nierung Aspek­te von Kör­per­lichkeit, Wahrnehmung oder atmo­sphärischem Erleben in den Mit­telpunkt rückt ©.

(a) Wind als bewe­gende und for­mende Kraft

Abb. 14: Julius von Bismarck: One More Night, 2016, 40 x 40 cm, siebenteilige Fotoserie
Abb. 14: Julius von Bis­mar­ck: One More Night, 2016, 40 x 40 cm, sieben­teilige Foto­serie

Es sind ein­fache Camp­ingzelte, die in der Foto­serie One More Night von Julius von Bis­mar­ck als leere, vom Wind getra­gene und geformte Hüllen über freies Land fliegen (Abb. 14). Jedes Bild zeigt eine andere Form der tem­porären, gewöhn­lich am Boden ver­ankerten Behausung. Vor einem Him­mel mit geschlossen­er Wolk­endecke scheint sie zum Spiel­ball des Windes zu wer­den, ist wie ein bizarrer Drachen seinen unvorherse­hbaren Böen aus­ge­set­zt. Einige Zelte sind im Flug aufge­bläht, andere dro­hen in sich zusam­men­z­u­fall­en und abzustürzen. Ihre Form wird auch hier zum Indika­tor für Rich­tung und Stärke von Wind, für den es keine weit­eren Anze­ichen in der Land­schaft gibt. In sein­er Unberechen­barkeit scheint er indi­rekt mit dem Schutzbedürf­nis von Men­schen zu spie­len, die Funk­tion von Zel­ten als Zuflucht­sorte oder schützende Unterkün­fte kon­terkari­erend.

Abb. 15: Eduardo Leal: Plastic Trees, 2014, je 80 x 120 cm, Fotodruckserie auf Aluminium
Abb. 15: Eduar­do Leal: Plas­tic Trees, 2014, je 80 x 120 cm, Foto­druck­serie auf Alu­mini­um

Auch Plas­tik­tüten sind leere Hüllen, die noch bis vor weni­gen Jahren in allen Bal­lungs­ge­bi­eten der Welt zum Stadt­bild gehörten. Längst haben sie die entle­gen­sten Orte der Erde erre­icht und ver­fan­gen sich selb­st in der kar­gen Veg­e­ta­tion des peru­anis­chen und boli­vian­is­chen Hochlands. Mit sein­er Foto­serie Plas­tic Trees von 2014 doku­men­tiert der por­tugiesis­che Fotograf Eduar­do Leal die windge­formten und im späten Licht trans­par­ent wirk­enden Gebilde im Gestrüpp der Büsche, wo sie Assozi­a­tio­nen an phan­tastis­chen Blüten oder tänz­erische Fig­u­ra­tio­nen her­vor­rufen. (Abb. 15) Mit der Ambivalenz von flüchtig und ver­spielt wirk­en­dem Ein­druck und der fak­tisch tödlichen Auswirkung für Flo­ra und Fau­na weist Leal auf eine der vie­len ökol­o­gis­chen Katas­tro­phen hin.

(b) Wind als Kopro­duzent

Wehen­den Wind unmit­tel­bar an der Gestal­tung eines Werks teil­haben zu lassen, diese Strate­gie ver­fol­gt die Amerikaner­in Susan Walsh (2018), indem sie es seinen Böen über­lässt, unge­bun­dene Par­tikel ent­lang mehrerer mit grober Zeichenkohle gezo­gen­er Lin­ien zu vertreiben.[45] Dabei entste­hen Spuren, die den Ver­lauf der Lin­ien unter­brechen und zugle­ich zart umspie­len, was den Ein­druck vom Gle­ich­maß ihrer Län­gen und Abstände stört. Während Wind hier in die vor­liegende Zeich­nung ein­greift und ihr durch das Ver­we­hen des Mate­ri­als eine neb­ulöse Aus­drucks­di­men­sion hinzufügt, wird seine nächtliche Aktiv­ität in Lydia Simons Video-Arbeit 70 Sekun­den Wind (2020) mith­il­fe von jew­eils drei hän­gende LEDs aufgeze­ich­net, deren flüge­lar­tige Auf­sätze Rich­tung und Stärke des Windes ein­fan­gen, sodass die Leucht­en im nächtlichen Dunkel für jew­eils siebzig Sekun­den geschwun­gene Lichtlin­ien in seriell angelegten Film­se­quen­zen hin­ter­lassen.[46] In diesem Zusam­men­hang sind auch die poet­isch anmu­ten­den Wind Draw­ings des Japan­ers Ricu­do Uedas anzuführen,[47] der es dem Wind durch frag­ile Kon­struk­tio­nen aus Zweigen und anderen Mate­ri­alien ermöglicht, unter­schiedliche Zeichen­werkzeuge auf seine Art über das teils in Büschen und Bäu­men befes­tigte Papi­er zu bewe­gen. Am 5. April 2021 entste­ht in Osa­ka ein fein­lin­ig geze­ich­neter Wirbel, der auf einen rotieren­den Wind schließen lässt. (Abb. 16) Neben den unter­schiedlichen teils auch kalligraphisch anmu­ten­den Ergeb­nis­sen beein­druck­en die Kon­struk­tio­nen und die Art ihrer jew­eili­gen Instal­la­tion. In Werken wie diesen ist der Wind als Akteur ein­ge­laden, Para­me­ter seines Wehens wie Rich­tung und Stärke nach Art seis­mo­graphis­ch­er Doku­men­ta­tion selb­st aufzuze­ich­nen. Indem Kün­st­lerin­nen und Kün­stler sich auf diese Art und Weise sein­er Mitwirkung ver­sich­ern, wahren sie ein­er­seits Dis­tanz zum Wind, auch durch Abwe­sen­heit bei der

Abb. 16: Ricudo Uedas: 5. April 2020, Ota Garden Osaka, 12:28
Abb. 16: Ricu­do Uedas: 5. April 2020, Ota Gar­den Osa­ka, 12:28

Entste­hung der Werke, vere­in­nah­men ihn ander­er­seits jedoch als mit­gestal­tende Instanz.

© Wind, Kör­p­er und Atmo­sphäre

Abb. 17: Aiyumi Ishii: The Breath From Which the Clouds Are Formed. 2015, 2019. Digitaldrucke, 82 x 230 cm
Abb. 17: Aiyu­mi Ishii: The Breath From Which the Clouds Are Formed. 2015, 2019. Dig­i­tal­drucke, 82 x 230 cm

Während Ola­fur Elias­son mit der Instal­la­tion Your Windy Cor­ner in Wien oder Arcan­ge­lo Sas­sali­no mit Il vuo­to sen­za misura, einem riesi­gen Ven­ti­la­tor auf dem Bon­ner Muse­um­splatz, das unmit­tel­bare Erleben von in Bewe­gung ver­set­zter Luft direkt in der Ausstel­lung ermöglichen,[48] wer­den in anderen Werken hin­ter­gründi­ge Kör­per­bezüge aktiviert, die Wahrnehmungsrou­ti­nen unter­laufen. So erscheinen in Aiyu­mi Ishi­is Arbeit The Breath From Which the Clouds Are Formed weiße Wolken vor hell­blauem Him­mel auf zwölf Dig­i­tal­druck­en (Abb. 17). Bei eini­gen dieser Wolken han­delt es sich um den sicht­bar gemacht­en Atem der Kün­st­lerin, den sie auf ein wärmeempfind­lich­es blaues Papi­er gehaucht und dessen bei 25 Grad Cel­sius ein­set­zende Ent­fär­bung sie fotografiert hat. Die Fotos ihre Atem­wolken sind von denen der tat­säch­lichen Wolken nicht zu unter­schei­den, wom­it Wolken, Wind und Atem eine mehrfach aus­deut­bare Verbindung einge­hen.

Abb. 18: Julius von Bismarck: Irma to Come In Earnest, 2017, Video Still (Ausschnitt)
Abb. 18: Julius von Bis­mar­ck: Irma to Come In Earnest, 2017, Video Still (Auss­chnitt)

Bezüglich der Wahrnehmung von Wind­kraft und Atmo­sphäre eines Unwet­ters ist es eine weit­ere Arbeit Julius von Bis­mar­cks, die das Wüten eines Sturms auf ungewöhn­liche Weise erfahrbar macht. Sein Video Irma to Come in Earnest zeigt jenen siebe­nund­dreißig Stun­den lang toben­den Hur­rikan, der am 10. Sep­tem­ber 2017 auf den Süd­west­en Flori­das traf und dort unter dem Namen Irma immense Ver­wüs­tun­gen anrichtete. (Abb. 18) Von Bis­mar­ck, dessen Arbeit­en häu­fig um Ein­griffe des Men­schen in die Natur kreisen, reagiert mit einem durch an- und abschwellende Sounds unter­legten Video von ein­und­fün­fzig Minuten auf die medi­alen Bilder des Sturms. Dabei wer­den Auss­chnitte des Geschehens extrem ver­langsamt wiedergegeben, wodurch die mit ein­er Hochgeschwindigkeit­skam­era gefilmten Sequen­zen das am Meer und der Veg­e­ta­tion sicht­bare Wüten aus­brem­sen und durch Zeitlupe in eine unwirk­lich erscheinende Dar­bi­etung von tänz­erisch­er Anmut und med­i­ta­tiv­er Inten­sität ver­wan­deln. Äste, Pal­men­blät­ter und Gräs­er scheinen san­ft und behut­sam ineinan­derzu­greifen, das Meer als träge aufgeschäumte Masse sich langsam zu näh­ern und wieder zu ent­fer­nen. Es sind Auf­nah­men zwis­chen Still­stand und Bewe­gung, die durch bild­ner­ische und akustis­che Ver­frem­dung die gewohnte Katas­tro­phen­doku­men­ta­tion unter­laufen und eine Atmo­sphäre der Unwirk­lichkeit schaf­fen. Erst die abschließende Kam­er­afahrt ent­tarnt das Schaus­piel und zeigt eine Welt mit Men­schen, die angesichts unfass­bar­er Zer­störun­gen nun ihrer­seits in einen Modus aus­ge­brem­ster, ver­langsamter Bewe­gung fall­en. Von Bis­mar­ck gelingt es mit seinem Video, die Sicht auf das Ereig­nis durch den kon­trastierend einge­set­zten Zeit­modus sowie das weit­ge­hende Elem­i­nieren der Farbe zu irri­tieren und über die solcher­art entste­hende Fremd­heit des sich Ereignen­den eine zwiespältige atmo­sphärische Stim­mung her­vorzu­rufen. Medi­al trans­formiert kann das sit­u­a­tiv Gegebene zum Reflex­ion­s­ge­gen­stand eige­nen Wahrnehmens und Empfind­ens wer­den. Auch dafür ist Dis­tanz von­nöten. Nicht die verdichtete Wolken-Wind-Erschei­n­ung eines Tor­na­dos hält uns als fokussier­bares Gegenüber hier auf Abstand, son­dern die Irre­al­ität ein­er sur­re­al anmu­ten­den Traumwelt, die der Kün­stler als Aus­drucksmit­tel für die Unfass­barkeit des Geschehens aus dem doku­men­tarischen Mate­r­i­al selb­st gener­iert.

Windge­walt und Wolkengestalt – ein Faz­it

Aus­ge­hend von dem Ver­such, die Fasz­i­na­tion der Annäherung und bild­haften Aufze­ich­nung eines gefahrvollen Wind-/ Wolkenereigniss­es aus phänom­e­nol­o­gis­ch­er Sicht zu ergrün­den, wurde die Her­aus­bil­dung eines Tor­na­dos durch Bezug­nahme auf ontol­o­gis­che Fra­gen, Fra­gen zu Bildgestalt und leib­sinnlich­er Wahrnehmung sowie den von Ger­not Böhme aus­for­mulierten Atmo­sphäre-Begriff reflek­tiert. Beim Blick auf aus­gewählte Werke zeit­genös­sis­ch­er Kun­st wurde deut­lich, dass sich Kün­st­lerin­nen und Kün­stler dem unsicht­baren Windereig­nis wie dem bild­haften Wolkengeschehen auf sehr unter­schiedliche Weise annäh­ern und – anders als in der Klas­sis­chen Mod­erne – einem Bedürf­nis nach leib­sinnlichem Erleben Rech­nung tra­gen. Trotz vielfältiger medi­aler Trans­for­ma­tio­nen von Wind­kraft und Wolken­bil­dung set­zen viele von ihnen mit rein­sze­nieren­den Prak­tiken und irri­tieren­den Wahrnehmungsver­schiebun­gen auf kör­per­liche Beteili­gung und leib­sinnliche Anteil­nahme, auch um Auswirkun­gen des glob­alen Kli­mawan­dels und ökol­o­gis­che Fra­gen zu the­ma­tisieren. Bis auf wenige Aus­nah­men find­et dabei eine bemerkenswerte Entkop­pelung des atmo­sphärisch bed­ingten Zusam­men­wirkens von Winden und Wolken statt. Kün­st­lerin­nen und Kün­stler bemächti­gen sich auf der einen Seite der Kraft des Windes oder set­zen ihn mit Hil­fe kün­stlich bewegte Luft in unter­schiedlichen Kon­tex­ten ein, während sie auf der anderen Seite Wolken und ihre Abbilder selb­st her­vor­brin­gen und (um)gestalten. Trotz mete­o­rol­o­gisch bed­ingter Wech­sel­wirkun­gen sind es nach wie vor Winde, die als treibende oder for­mende Kräfte, haut­nah oder in medi­aler Trans­for­ma­tion erlebt, und Wolken, die als for­man­nehmende Erschei­n­un­gen betra­chtet wer­den.[49] Für die Stur­mjäger in den USA fall­en Erleben und Betra­cht­en zusam­men, beson­ders wenn es um den Him­mel und Erde verbinden­den Wirbel geht, der Wolken zum Erd­bo­den her­abzwingt.

Das dis­tanzierte optis­che Ver­hält­nis zur Wolke ist neben ihrer räum­lichen Ferne und Flüchtigkeit nicht zulet­zt durch ihren autopoi­etis­chen Charak­ter bed­ingt, denn selb­st ohne spür­baren Wind erschaf­fen Wolken per­ma­nent Bilder. Auch diesen Aspekt eigen­ständi­ger Bild­her­vor­bringung hat Lukrez kom­men­tiert. Nun sind es erstaunlicher­weise die Wolken selb­st, die „in stür­mis­chem Sausen das Luft­meer peitschen“ und denen als Her­vor­bringer von Bildern „selb­ständi­gen Ursprungs“ eine aktive Kraft zuge­s­tanden wird:

„Aber damit Du nicht wähnst, nur die aus den Din­gen sich lösen, / Seien die einzi­gen Bilder der Dinge, die uns umschwär­men, / Siehe da gibt›s noch die andere Art selb­ständi­gen Ursprungs, / Die an dem Him­mel entste­ht, in dem Luftkreis, wie wir ihn nen­nen. / Man­nig­fach sind die Bilder geformt, die droben sich regen, / So erblick­en wir oft, wie leicht die Wolken im Luftraum / Ballen und Fin­ster­n­is brin­gend der Welt die Heit­erkeit rauben, / Wenn sie in stür­mis­chem Sausen das Luft­meer peitschen. Da sehen / Oft wir als Riesen sie fliegen und wei­thin wer­fen den Schat­ten, / Oft als gewaltige Berge und abgeris­sene Blöcke / Bald vor sie Sonne sich schieben, bald neben ihr her sich verziehen; / Sehn sie auch anderes Regengewölk als Schäfchen her­beiziehen, / Doch im Zer­fließen verän­dern sie unaufhör­lich ihr Aussehn / Und ver­wan­deln sich in beliebig umris­sene For­men.“ (Lukrez 1957, IV 127–144, S. 133)

Abb. 19: „Wir sind das Wetter…!“ Schulprojekt im Fach Kunst- und Musikpädagogik an der Universität Bielefeld im Rahmen der Bielefelder Kulturwandertage, 2022
Abb. 19: „Wir sind das Wet­ter…!“ Schul­pro­jekt im Fach Kun­st- und Musikpäd­a­gogik an der Uni­ver­sität Biele­feld im Rah­men der Biele­felder Kul­tur­wan­dertage, 2022

Diese vor über zweitausend Jahren for­mulierten Beobach­tun­gen zum „Bil­dungstrieb“[50] der Wolken erin­nern abschließend daran, dass Wet­ter­phänomene durch ihre unmit­tel­bare Gegen­wär­tigkeit Bed­ingth­eit­en des Zusam­men­wirkens von Kör­per­lichkeit und Bildlichkeit erleb­bar machen. So kann das Ereignishafte der aktuellen Wit­terung im kun­st­päd­a­gogis­chen Feld über Prak­tiken spielerisch-per­for­ma­tiv­er Annäherung und bild­ner­isch­er Insze­nierung ein­schließlich ihrer medi­alen Repräsen­ta­tion in gestal­ter­ische Aktio­nen über­führt und an indi­vidu­elle Erleb­nisse rück­ge­bun­den wer­den.  Wahrnehmend und spürend, betra­ch­t­end und darstel­lend ent­fal­ten die sowohl sit­u­a­tiv erlebten als auch medi­al trans­formierten Bilder eine leib­sinnliche Dimen­sion, die mith­il­fe hand­lung­sori­en­tiert­er und mate­ri­albe­d­ingter Gestal­tungsver­fahren zur indi­vidu­ellen Annäherung jen­seits gebräuch­lich­er Bild­schema­ta, nicht sel­ten auch zur über­raschen­den Syn­these des Erin­nerten, Imag­inierten und Erlebten führt.[51] Solcher­art aktiviert lassen sich All­t­agser­fahrun­gen mit Wet­ter­ereignis­sen um Momente des Staunens, um Wis­sens­be­standteile und die Begeg­nung mit Kunst­werken erweit­ern. (Abb. 19) Wenn Sonne, Wolken, Regen, Gewit­ter und Wind über Pro­jek­tio­nen und Film­se­quen­zen, über Bilder und Objek­te in ästhetis­che Insze­nierun­gen mün­den, wer­den Kinder und Jugendliche über die Dynamiken zwis­chen unmit­tel­bar­er Gegen­wär­tigkeit und trans­formieren­der Darstell­barkeit zu Akteuren in Bildern wie zu Autoren von Bildern.

 


Lit­er­atur

Böhme, Ger­not: Atmo­sphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Frank­furt a. M., Suhrkamp Ver­lag 1995.

Ders.: Ais­thetik. Vor­lesun­gen über Ästhetik als all­ge­meine Wahrnehmungslehre. München, Wil­helm Fink Ver­lag 2001.

Ders.: Das Wet­ter und die Gefüh­le. Für eine Phänom­e­nolo­gie des Wet­ters. In: Luft. Kun­st- und Ausstel­lung­shalle der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land (Hrsg.). Wis­senschaftliche Redak­tion: Bernd Busch. Schriften­rei­he Forum/ Band 12. Ele­mente des Naturhaushalts IV. Köln, Wien­and 2003, S. 148–161.

Ders.: Das Wet­ter in der Sprache der Gefüh­le. Mit beson­der­er Berück­sich­ti­gung Goethes. In: Nova, Alessan­dro u. Michal­sky, Tan­ja (Hg.): Wind und Wet­ter. Die Ikonolo­gie der Atmo­sphäre. Kun­sthis­torisches Insti­tut in Flo­renz, Max-Planck-Insti­tut. Venedig, Mar­silio 2009, S. 247–258.

Ders.: Atmo­sphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Berlin, Suhrkamp 2013.

Böhme, Hart­mut: Zur Kul­tur- und Kun­st­geschichte von Wolken und Wet­ter. In: Ste­fan Kunz, Johannes Stück­el­berg­er, Beat Wiss­ner (Hgg.): Die Erfind­ung des Him­mels. Kat­a­log zur Ausstel­lung im Aar­gauer Kun­sthaus, Aarau. München, Hirmer Ver­lag 2005, S. 11–21.

Buether, Axel: Die Bil­dung der räum­lich-visuellen Kom­pe­tenz. Neu­ro­bi­ol­o­gis­che Grund­la­gen für die method­is­che Förderung der anschaulichen Wahrnehmung, Vorstel­lung und Darstel­lung im Gestal­tungs- und Kom­mu­nika­tion­sprozess (Schriften­rei­he Burg Giebichen­stein Kun­sthochschule Halle, Band 23). Halle, Burg Giebichen­stein 2010.

Brogsit­ter, Roana: Die Macht der Wirbel­winde – Tor­na­do, Twister, Wind­hose. IQ — Wis­senschaft und Forschung. Pod­cast auf BII. https://www.br.de/mediathek/podcast/iq-wissenschaft-und-forschung/die-macht-der-wirbelwinde-tornado-twister-windhose-1/2098471 (Stand 30.12.24).

Guldin, Rain­er: Die Sprache des Him­mels. Eine Geschichte der Wolken. Berlin, Kul­turver­lag Kad­mos 2006.

Has­se, Jür­gen: Atmo­sphären der Stadt – Stadt als Gefühlsraum. In: Der urbane Blick. Impulse für eine Doc­u­men­ta mod­er­na. Kun­st­fo­rum Inter­na­tion­al 218/2012, S. 132–147.

Hedinger, Bär­bel: Wet­ter und Wolken. Zur Kun­st und Kul­turgeschichte flüchtiger Erschei­n­un­gen. In: Wass­er. Kun­st- und Ausstel­lung­shalle der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land (Hrsg.). Wis­senschaftliche Redak­tion: Bernd Busch u. Laris­sa Förster. Schriften­rei­he Forum/ Band 9, Köln, Wien­and 2000, S. 230–245.

Horn, Joachim: Wolken­klas­si­fika­tion. In: Bär­bel Hedinger, Inés Richter-Mus­so und Ortrud Wes­t­hei­der (Hgg.): Wolken­bilder. Die Ent­deck­ung des Him­mels. Kat­a­log zur Ausstel­lung des Bucerius Kun­st Forums in Ham­burg, Berlin und Aar­gau. München, Hirmer Ver­lag 2005, S. 240–241.

Landweer, Hilge: Zur Räum­lichkeit der Gefüh­le. In: Gestalt The­o­ry 2020, Vol. 42, No. 2, S. 165–180. DOI 10.2478/gth-2020–0014.

Lukrez/ Lucretius Carus, Titus: De rerum natura/ Über die Natur der Dinge. Aus dem Lateinis­chen über­set­zt von Her­mann Diels. Berlin, Auf­bau Ver­lag 1957.

Nat­ter, Tobias W. u. Smo­la, Franz (Hgg.): Wolken. Welt des Flüchti­gen. Kat­a­log zur Ausstel­lung im Leopold Muse­um Wien. Ost­fildern, Hat­je Cantz Ver­lag 2013.

Nova, Alessan­dro: Das Buch des Windes. Das Unsicht­bare sicht­bar machen. München Berlin, Deutsch­er Kun­stver­lag 2007.

Nova, Alessan­dro u. Michal­sky, Tan­ja (Hgg.): Wind und Wet­ter. Die Ikonolo­gie der Atmo­sphäre. Kun­sthis­torisches Insti­tut in Flo­renz, Max-Planck-Insti­tut. Venedig, Mar­silio 2009.

Schef­fknecht, Lid­dy u. Strouhal, Ernst (Hgg.): Wenn der Wind weht. Luft, Wind und Atem in der zeit­genös­sis­chen Kun­st. Kat­a­log zur gle­ich­nami­gen Ausstel­lung, Haus der Kun­st Wien, Muse­um Hun­dert­wass­er. Edi­tion Ange­wandte. Buchrei­he der Uni­ver­sität für ange­wandte Kun­st Wien. Berlin, De Gruyter 2022.

Scheuer­mann, Bar­bara u. Döb­blin, Anna (Hgg.): Welt in der Schwebe. Luft als kün­st­lerisches Mate­r­i­al. Kun­st­mu­se­um Bonn, Snoeck Ver­lags­ge­sellschaft 2022.

Schmitz, Her­mann: Die Luft und als was wir sie spüren. In: Luft. Kun­st- und Ausstel­lung­shalle der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land (Hrsg.). Wis­senschaftliche Redak­tion: Bernd Busch. Schriften­rei­he Forum/ Band 12. Ele­mente des Naturhaushalts IV. Köln, Wien­and 2003, S. 76–84.

Spiel­mann, Heinz u. Wes­t­hei­der, Ortrud (Hgg.): Wolken­bilder. Die Ent­deck­ung des Him­mels. Pub­lika­tion des Bucerius Kun­st Forums. München, Hirmer Ver­lag 2005.

Weber, C. Sylvia (Hg): Wass­er, Wolken, Wind. Ele­men­tar- und Wet­ter­phänomene in Werken der Samm­lung Würth. Kat­a­log zur Ausstel­lung in der Kun­sthalle Würth. Künzel­sau, Swind­off Ver­lag 2016.

Wegen­er, Alfred: Wind- und Wasser­ho­sen in Europa. Die Wis­senschaft. Samm­lung von Einzel­darstel­lun­gen aus den Gebi­eten der Natur­wis­senschaft und Tech­nik Bd. 60. Braun­schweig, Friedrich Vieweg & Sohn 1917. https://www.essl.org/media/pdf/Wegener1917/Kapitel01-02.pdf (Stand 15.12.24)

Wes­t­hei­der, Ortrud: Wolken und Abstrak­tion. Ein Motiv verän­dert die Malerei. Von Blechen zu Mon­dri­an. In: Wolken­bilder. Die Ent­deck­ung des Him­mels. Kat­a­log­buch zur gle­ich­nami­gen Ausstel­lung des Bucerius Kun­st Forums in Ham­burg, Berlin und Aar­gau. München, Hirmer Ver­lag 2005, S. 216–237.

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Abbil­dungsnach­weise

Abb. 1: Wind-/ Wolken­spiel über der Lagune von Venedig. Foto P.K.

Abb. 2: Leonar­do da Vin­ci: Codex Leices­ter. Seat­tle, Smlg. Bill Gates. Blatt 7A, fol. 30v. In: Nova 2007, S. 86.

Abb.3: Tor­na­do bei Elie in Man­i­to­ba, Cana­da, 22. Juni 2007. Foto Eng­lish Wikipedia, Justin 1569. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:F5_tornado_Elie_Manitoba_2007.jpg

Abb. 4: Tori Jane Ost­berg: The Red Ter­ror, 2016. https://www.rmets.org/node/361574 (Stand 30.12.24). Vgl. auch https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=103346&lv2=102672&lv3=102774 (Stand: 15.11.24)

Abb. 5: Ernst Fries: Wirbel­sturm vor Neapel, 1833. In: Un paese incan­ta­to: Italia dip­in­ta da Thomas Jones a Corot, a cura di Anna Ottani Cav­ina, Milano 2002, Abb. 161. (vgl. prometheus Bil­darchiv für Forschung und Lehre).

Abb. 6: Skizzen ein­er 1890 bei Old­en­burg beobachteten Wind­hose, aufgeze­ich­net von ver­schiede­nen Augen­zeu­gen. In: Alfred Wegen­er 1917, Fig. 6, S. 25. https://www.essl.org/media/pdf/Wegener1917/Kapitel01-02.pdf (Stand 15.12.24)

Abb. 7: William Turn­er: Seestück mit aufk­om­men­dem Sturm, um 1840. In: Georg-W. Költzsch (Hg.): William Turn­er. Licht und Farbe. Kat­a­log zur gle­ich­nami­gen Ausstel­lung im Muse­um Folk­wang Essen und im Kun­sthaus Zürich, DuMont 2001, S. 255, Nr. 196.

Abb. 8: Olphaert den Otter: lucht 18/2/2009, 2009. In: Markus Bertsch und Jörg Trem­pler (Hgg.): Ent­fes­selte Natur. Das Bild der Katas­tro­phe seit 1600. Ausstel­lungskat­a­log Ham­burg­er Kun­sthalle. Michael Imhof Ver­lag 2018, S. 162–173. Vgl. auch https://www.olphaertdenotter.com/worldstresspainting?pgid=kiug7612-25c33ae5-9678–4444-a0de-8a90569ee26d (Stand: 30.12.25).

Abb. 9: Wind. Orbis pic­tus 1821. Neuer Lust­weg zum Ziel nüt­zlich­er Kün­ste und Wis­senschaften. Ein unter­hal­tendes ABC-Bilder­buch in deutsch­er, lateinis­ch­er, franzö­sis­ch­er, und ital­ienis­ch­er Sprache. Nürn­berg 1821, S. 60 (vgl. prometheus Bil­darchiv für Forschung und Lehre).

Abb. 10: Roman Sign­er: Ven­ti­la­tor mit Brett, 2015. In: Schef­fknecht u. Strouhal 2022, S. 103.

Abb. 11: Andy Goldswor­thy: Lean­ing into the Wind, 2017 (Film Still). https://theknockturnal.com/film-review-artist-andy-goldsworthy-will-teach-lean-wind/amp/ (Stand: 30.12.24)

Abb. 12: Lyonel Feininger: Wolke nach dem Sturm (Vogel­wolke), Cam­bridge, Har­vard Uni­ver­si­ty, The Busch-Reisinger Muse­um. In: Roland März (Hg.): Lyonel Feininger. Von Gelmero­da nach Man­hat­ten. Ret­ro­spek­tive der Gemälde. Ausstel­lungskat­a­log: Berlin, Neue Nation­al­ga­lerie 1998, S. 143, Abb. 72.

Abb. 13: Andreas Gefeller: Clouds 2019. In: Scheuer­mann u. Döbbe­lin 2022, S. 48–53.

Abb. 14: Julius von Bis­mar­ck: One More Night, 2016. In: Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 155.

Abb. 15: Ayu­mi Ishii: The Breath From Which the Clouds Are Formed. 2015, 2019. In: Schef­fknecht u. Strouhal 2022, S. 117.

Abb. 16: Eduar­do Leal: Plas­tic Trees, 2014. In: Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 151.

Abb. 17: Ricu­do Uedas: 5. April 2020, Ota Gar­den, Osa­ka, 12:28, 2021. In. Scheuer­mann u. Dob­blin 2022, S. 134.

Abb.18: Julius von Bis­mar­ck: Irma to Come In Earnest, 2017 (Video Still). In: Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 82–83.

Abb. 19: „Wir sind das Wet­ter…!“ Schul­pro­jekt im Fach Kun­st- und Musikpäd­a­gogik an der Uni­ver­sität Biele­feld im Rah­men der Biele­felder Kul­tur­wan­dertage 2022. Foto P.K., Bear­beitung Mar­lon Roth.

[1] https://www.geo.de/natur/naturwunder-erde/preisgekroente-wetterfotografie-von-maechtigen-stuermen-und-30167930.html (Stand: 15.11.24)

[2] Im Inter­na­tionalen Wolke­nat­las hat die WMO (World Mete­o­ro­log­i­cal Orga­ni­za­tion) angesichts der Tat­sache, dass sich trotz des unendlichen For­men­re­ich­tums von Wolken weltweit eine begren­zte Anzahl charak­ter­is­tis­ch­er Erschei­n­ungs­bilder aus­machen lässt, zehn Wolken­gat­tun­gen, vierzehn Wolke­narten, neun Wolke­nun­ter­arten sowie neun Begleit­wolken und Son­der­for­men verbindlich fest­gelegt. Vgl. auch Horn 2005 sowie die Inter­na­tionale Wolken­klas­si­fika­tion im Wet­ter- und Kli­malexikon des Deutschen Wet­ter­di­en­stes:

https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=101224&lv3=101274 (Stand: 15.11.24)

[3] https://www.rmets.org/node/361515 (Stand: 15.11.24)

[4] https://www.rmets.org/node/361574 (Stand: 15.11.24)

[5] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=103346&lv2=102672&lv3=102774 (Stand: 15.11.24)

[6] Anliegen von Wegen­ers Pub­lika­tion war es, „die in Europa über Wind- und Wasser­ho­sen oder Tromben gemacht­en Beobach­tun­gen zu sam­meln und unter dem Gesicht­spunkt ihrer physikalis­chen Erk­lärung zu sicht­en.“ Wegen­er 1917, S. 1. https://www.essl.org/media/pdf/Wegener1917/Kapitel01-02.pdf (Stand: 10.12.24)

[7] Seat­tle, Smlg. Bill Gates, Blatt 7A, fol. 30v.

[8] Vgl. u.a.: https://www.youtube.com/watch?v=V9S0M_thysk; https://www.youtube.com/watch?v=7eeDaOSxp3I; https://www.youtube.com/watch?v=tQ5GvIWqztE; https://www.youtube.com/watch?v=13Mj9xyH_Fc; https://www.welt.de/mediathek/dokumentation/natur-und-wildlife/sendung246081896/Die-Macht-der-Natur-Tornados.html (Stand: 20.12.24)

[9] Der voll­ständi­ge Satz lautet: „Wie ein gewaltiger Strom“, so zer­malmt er alles und wälzt es/ Vor sich mit häu­figem Stoße ein­her, wo immer er einfällt,/ Oder bisweilen ergreift er mit dro­hen­dem Strudel die Dinge/ Und trägt rasenden Fluges sie fort im rol­len­den Wirbel.“

[10] Alfred Wegen­er hat im zweit­en Kapi­tel seines Buch­es elf aus­gewählte Orig­i­nalbeschrei­bun­gen, teils mit Zeich­nun­gen oder Schwarz-Weiß-Fotografien verse­hen, abge­druckt. Wegen­er 2007, S. 7–32.

https://www.essl.org/media/pdf/Wegener1917/Kapitel01-02.pdf (Stand 15.12.24)

[11] Dies trifft nach neueren Erken­nt­nis­sen nur für den soge­nan­nten Wolken­schlauch zu. Radar-Ver­mes­sun­gen an fünf Tor­na­dos deuten darauf hin, dass sich zumin­d­est die tor­nado­typ­is­che Rota­tion im sicht­bar gewor­de­nen Schlauch in Boden­nähe entwick­elt, bevor sie die oberen Bere­iche erfasst. Die daraus abgeleit­ete Top-Down-Hypothese wider­spricht dem bis­lang angenomme­nen Entste­hen als Bot­tom-Up-Ereig­nis, so eine Veröf­fentlichung der Amer­i­can Geo­phys­i­cal Union von 2018. Über dem Meer jedoch wächst dem Wolken­schlauch der aufgewirbelte Wasserkegel von unten ent­ge­gen, wie es schon Leonar­do da Vin­ci beobachtet hat. https://www.scinexx.de/news/geowissen/tornados-widerlegen-theorie/ (Stand: 15.12.24)

[12] Und die den­noch „einen ganzen Kom­plex von mehr oder min­der bewußten Assozi­a­tio­nen aus­löst und damit die Phan­tasie anregt.“ Her­bert Lehmann, Essays zur Phys­iog­nomie der Land­schaft, Wies­baden 1986, S. 164, zit. n. Böhme 1995, S. 151.

[13] Anders ver­hält es sich bei Hur­rika­nen: Weltweit am läng­sten wütete – seit Beginn der Wet­ter­aufze­ich­nun­gen – der 2021 über Flori­da hin­wegge­zo­gene Hur­rikan Irma. Er war mit ein­er Inten­sität von fast 300 km/h 37 Stun­den aktiv. https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/9/11.html (Stand 20.12.24)

[14] Vgl. Boehme 1995, S. 155–175, wobei zu klären wäre, inwiefern die Art und Weise des charak­ter­is­tis­chen Sich-Zeigens oder Her­vortretens auch jen­seits tra­di­tioneller ontol­o­gis­ch­er Ding-Vorstel­lun­gen Gültigkeit haben kann.

[15] Zur Darstel­lung zeitlich­er Abläufe im Bild vgl. u.a.: Hein­rich Theiss­ing: Die Zeit im Bild, Darm­stadt 1987; Max Imdahl: Über einige nar­ra­tive Struk­turen in den Are­nafresken Giot­tos. In: Ders. Gesam­melte Schriften Bd. 2, (Suhrkamp) Frank­furt a.M. 1996, S. 180–209; Han­nelore Paflik-Huber: Kun­st und Zeit. Zeit­mod­elle in der Gegen­wart­skun­st, München 1997.

[16] Der Kün­stler malt nach Katas­tro­phen­mel­dun­gen aus dem Inter­net und den Print­me­di­en kleine mit Datums- aber ohne Ort­sangaben verse­hene Bilder in Eit­em­pera auf Papi­er. Die umfan­gre­iche Serie World Stress Paint­ing umfasst Über­schwem­mungen, Feuers­brün­ste, Tsunamis, Bergrutsche und Wirbel­stürme und spielt auf die an der Vier-Ele­menten-Lehre aus­gerichteten Kon­stante von Naturkatas­tro­phen an.

https://www.olphaertdenotter.com/worldstresspainting (Stand 30.12.24)

[17] In der Kom­bi­na­tion der Worte Wind und Braut ste­ht die Verkör­pe­rung der Winds­braut für eine ungestüme oder lei­den­schaftliche Per­son, wobei das Konzept der Vere­ini­gung oder des Zusam­men­schlusses mitschwingt.

[18] Es han­delt sich um die 63 x 72 cm große Fotoüber­malung und Col­lage mit Haaren von 2003. Abb. in Sylvia C. Weber (Hg.) 2016, S. 258.

[19] Eine Tat­sache, die Erich Käst­ner zu jen­er exem­plar­ischen, die kindliche Neugi­er charak­ter­isieren­den Frage ver­an­lasste: „Was tut der Wind, wenn er nicht weht?“

[20] Benan­nt nach dem irischen Schiff­skom­man­dan­ten und Hydro­graphen Sir Fran­cis Beau­fort (1774–1857). Die Beau­fort­skala. In: Richard Ham­blyn: Die Erfind­ung der Wolken. Frank­furt a. Main u. Leipzig 2001, S. 202–226.

[21] Sie wurde 1971 von Dr. T. Teodore Fuji­ta entwick­elt und umfasst 13 Stufen, von denen die let­zten sechs bis­lang nur the­o­retisch ermit­telte Werte anführen.

https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv3=100922&lv2=100784 (Stand 30.12.24)

[22] Erhel­lend dazu die Kapi­tel „Sturm der Lei­den­schaften“ und „Die Analo­gie von Wet­ter und Gefühlen in der Kos­molo­gie“ im Buch von Christi­na Storch: Wet­ter, Wolken und Affek­te. Die Atmo­sphäre in der frühen Neuzeit. Berlin, Gebr. Mann Ver­lag, 2015, S. 15–56.

[23] Let­ztlich bergen alle ele­mentaren Kräfte das Poten­zial zur Katas­tro­phe, eine Tat­sache, die spätestens seit der Renais­sance auch in Werken der Kun­st ihren Nieder­schlag fand. Markus Bertsch u. Jörg Trem­pler (Hgg.) Ent­fes­selte Natur. Das Bild der Katas­tro­phe seit 1600. Kat­a­log zur Ausstel­lung in der Ham­burg­er Kun­sthalle. Michael Imhof Ver­lag 2018. Vgl. auch Silke Köhn: Schiff­bruch vor Zuschauer. Die See und ihre Naturge­wal­ten in der Kun­st in dieser Aus­gabe der ZAEB.

[24] Alessan­dro Nova hat diese in seinem Buch des Windes (2006) mit dem Unter­ti­tel Das Unsicht­bare sicht­bar machen kul­tur- und kun­st­geschichtlich beleuchtet.

[25] Ein bekan­ntes Beispiel ist die Gestalt Zephirs in San­dro Bot­ti­cel­lis Bild Geburt der Venus (1483–85), aus dessen Mund der West­wind strömt. Seine Auswirkun­gen auf Wellen, Haare, Gewän­der und Veg­e­ta­tion hat Bot­ti­cel­li zugle­ich deut­lich her­aus­gestellt.

[26] Leonar­do da Vin­ci hat sich zeich­nend in die wind- und strö­mungs­be­d­ingten Struk­turen des Wassers und der Wolken ver­tieft.

[27] Eng mit Fra­gen der Darstell­barkeit des Windes ver­bun­den ist die Tat­sache, dass sich Kün­st­lerin­nen und Kün­stler auch im Rah­men der christlichen Ikono­gra­phie jahrhun­derte­lang vor die Auf­gabe gestellt sahen, das Wirken unsicht­bar­er Kräfte und Exis­ten­zen bild­haft erfahrbar zu machen. Neben der Wolke spielt Wind als göt­tlich­er Odem dabei eine entschei­dende Rolle. So schwebt Gottes Wind­hauch, bevor er Him­mel und Erde schuf, über dem Chaos. „Ruach“ nen­nt die hebräis­che Bibel den Atem Gottes, der auch als Geist Gottes, später als Heiliger Geist wirk­sam wird und als unsicht­bare und besee­lende Kraft Dinge bewegt.

[28] Dass wir anhand dieser Kon­stel­la­tion von der Wirkung des Luft­drucks auf das Holzbrett, nicht aber von jen­er des Holzbretts auf die Luft sprechen, hängt let­ztlich mit der Kon­di­tion­ierung unser­er Wahrnehmung zusam­men, dem jew­eils aktiv­eren Ele­ment eine Auswirkung auf das pas­si­vere zuzuschreiben.

[29] https://www.youtube.com/watch?v=sngXz55b4bc (Stand: 20.12.24)

[30] Das zeigt die große Anzahl kun­st­geschichtlichen Pub­lika­tio­nen und Ausstel­lung­spro­jek­te zum The­ma Wolken, u.a. Wolken­bilder. Die Ent­deck­ung des Him­mels (Ham­burg u.a. 2005) und Wolken – Welt des Flüchti­gen (Wien 2013). 2023 fand unter dem Titel Von Ger­hard Richter bis zur Cloud eine Ausstel­lung in Bad Hom­burg statt: https://kunst-und-natur.de/museum-sinclair-haus/presse/pressemitteilungen/wolken-von-gerhard-richter-bis-zur-cloud (Stand 30.1.24)

[31] Es ging dabei verkürzt gefasst um die Forderung, Natur genau zu studieren, um ihre spir­ituelle Dimen­sion zu erfassen. Wolken wur­den zu Sym­bol­en für das Streben nach Wahrhaftigkeit in der Kun­st. Vgl. u.a. Hubert Damisch: The­o­rie der Wolke. Zürich-Berlin 2013.

[32] Abge­bildet in Roland März (Hg.): Lyonel Feininger. Von Gelmero­da nach Man­hat­ten. Ret­ro­spek­tive der Gemälde. Ausstel­lungskat­a­log Berlin, Neue Nation­al­ga­lerie 1998, S. 142.

[33] Ausst. Kat.: Schwit­ters in Britain. Tate Britain London/ Spren­gel Muse­um Han­nover, 2013. S. 71.

[34] Angela Schnei­der: Willi Baumeis­ter, Gemälde. Berlin 1989, Abb. 89.

[35] Fet­tige Wolke löst sich aus dem Meer, 1959. Joseph Beuys. Zeich­nun­gen. Stuttgart/ Ahrens­burg, Dr. Cantz’sche Druck­erei 1979, Tafel 50.

[36] Sylvia C. Weber 2016, S. 252.

[37] Brug­ger, Ingried, Arnulf Rain­er: Gegen.Bilder. Ret­ro­spek­tive zum 70. Geburt­stag, München, Peschke Druck 2000, S. 130. Hin­sichtlich des Motivs von Men­schen in stür­mis­ch­er Land­schaft ist das kleine, auf Holz gemalte Bild Der Wind­stoß von Hon­oré Dau­mi­er (1850–55) auch auf­grund sein­er atmo­sphärischen Unschärfe bemerkenswert.

https://prometheus.uni-koeln.de/de/collections/63462/image/daumier-f03d3879d64b7276878ee655f320f803ce712836 (Stand 30.12.24)

[38] Sylvia C. Weber 2016, S. 272 u. 273.

[39] Rein­hard Hoeps u.a. (Hgg.): Him­melschw­er. Trans­for­ma­tio­nen der Schw­erkraft. Kat­a­log­buch zur Ausstel­lung in Graz 2003. München Fink Ver­lag 2003, S. 159. Die skulp­turale Auseinan­der­set­zung mit Wind und Wolken ist ein weit­eres lohnen­des The­ma, das an dieser Stelle nicht weit­er ver­tieft wer­den kann.

[40] Ina Ströher: K.O. Götz, Werkverze­ich­nis Band 2, 1937–1979. Bonn 2014, S. 339.

[41] Ter­ry Fried­man: Zeit. Andy Goldswor­thy, Frank­furt a.M., Zweitausendeins 2001, S. 111.

[42] Vgl. zulet­zt die Wiener Ausstel­lung Wenn der Wind weht. Luft, Wind und Atem in der zeit­genös­sis­chen Kun­st (2022) sowie Welt in der Schwebe. Luft als kün­st­lerisches Mate­r­i­al (2022) im Kun­st­mu­se­um Bonn.

[43] Ein weit­eres Beispiel für kün­stlich erzeugte Wolken in Ausstel­lungskon­tex­ten bietet die Arbeit The Sky Eludes All Attempts At Plan­ing von Loud­mil­la Milano­va und Stef­fi Lind­ner. Hier entste­ht in kurzen Zeit­se­quen­zen eine Wolke als ephemere Skulp­tur über einem Museumssockel.Abb. in Scheuer­mann u. Döb­blin 2022, S. 101–102.

[44] https://www.andreasgefeller.com/gallery/clouds/ (Stand 30.12.25)

[45] Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 109–111.

[46] Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 108–111.

[47] https://www.mikikosatogallery.com/de/kuenstler/rikuo-ueda (Stand 30.12.24)

[48] Schef­fknecht u.Strouhal 2022, S. 112–113; Scheuer­mann u. Döbbe­lin 2022, S. 128–129.

[49] Neben ein­er Vielzahl lit­er­arisch­er und bild­ner­isch­er Wolken­be­tra­ch­tun­gen ist hier René Magrittes Bild Der falsche Spiegel (1929) anzuführen. In der for­mat­fül­len­den Darstel­lung eines Auges hat der Kün­stler die Iris durch einen blauen Him­mel mit weißen Wolken erset­zt. Le faux miroir, 1929, Öl/ Lein­wand, 54 x 81 cm, neben ein­er zweit­en kleineren Ver­sion von 1935. Abb. in: David Sylvester: Magritte. Lizen­zaus­gabe Park­land Ver­lag Köln 2003, S. 147 u. 293.

[50] In Anlehnung an Fried­lieb Fer­di­nand Runge. Vgl. Ausst.-Kat. Der Bil­dungstrieb der Stoffe. Fried­lieb Fer­di­nand Runge (1794–1867). Ger­hard Preuß, Kun­sthalle Nürn­berg, Nürn­berg 1970. Wie inspiri­erend das reflek­tierende Betra­cht­en von Wolken­bil­dun­gen in Natur und Kun­st sein kann, davon überzeugt zulet­zt Klaus Reichert mit seinem Buch Wolk­en­di­enst. Fig­uren des Flüchti­gen von 2016.

[51] Vgl. den Beitrag Dem Schneesturm trotzen. Das Wet­ter als Phänomen und Erfahrung im Ein­gang­sun­ter­richt von Jas­min Meller in dieser Aus­gabe der ZAEB.

  • 8. Januar 202529. März 2025
Dem Schneesturm trotzen …
Schiffbruch vor Zuschauer. Die See und ihre Naturgewalten in der Kunst
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