Skip to content
ZAeB
  • Blog
  • Aktuelle Ausgabe
  • Archiv
  • About
  • Impressum
Site Search
  • Vorwort
    Christina Griebel, Petra Kathke, Constanze Rora
  • Schiffbruch vor Zuschauer. Die See und ihre Naturgewalten in der Kunst
    Silke Köhn
  • Von Winden bewegt, von Stürmen getrieben. Wolkengestalt und Windgewalt im Bild
    Petra Kathke
  • Dem Schneesturm trotzen …
    Jasmin Meller
  • Friedrich Nietzsche – Ein Philosoph als Komponist
    Wilfried Gruhn
  • Konzept versus Realisierung von Limes — Limits of Perception
    Hristina Šušak

Vorwort

Christina Griebel, Petra Kathke, Constanze Rora

Es ist in aller Munde – nicht nur im Modus tagtäglichen Vergewis­serns der lokalen Wet­ter­la­gen, son­dern zunehmend auch unter dem Vorze­ichen eines aus den Fugen ger­ate­nen, glob­alen ökol­o­gis­chen Gle­ichgewichts: das Wet­ter. Die Auseinan­der­set­zung mit dem ele­mentaren, gle­ich­wohl wel­tumspan­nen­den Phänomen, dem die Men­schheit nach wie vor aus­ge­set­zt ist, bewegt sich sit­u­a­tions- und inter­essen­ab­hängig zwis­chen pri­vater Betrof­fen­heit, ästhetis­ch­er Anmu­tung und wis­senschaftlich­er Einord­nung.

Unter den jahreszeitlich bes­timmten Wit­terungsver­läufen in unseren Bre­it­en­graden konkretisiert sich das Wet­tergeschehen in wech­sel­nde Phasen. Neben Son­nen­schein, Regen, Wind, Hitze, Kälte, Schnee, phasen­weise auch Sturm und Gewit­ter, verze­ich­nen Kli­ma­tolo­gen von A (Antizyk­lon) bis Z (Zyk­lon) eine große Band­bre­ite an wet­ter­spez­i­fis­chen Erschei­n­un­gen. Hinge­gen prägten vor der mete­o­rol­o­gis­chen Wet­ter­aufze­ich­nung und der wis­senschaftlichen Erforschung kli­ma­tisch bed­ingter Zusam­men­hänge kul­tisch-religiöse Aus­deu­tun­gen und Prak­tiken über Jahrtausende die Beziehung der Men­schen zum Wet­ter: Wet­ter­wech­sel und Wet­ter­erschei­n­un­gen gal­ten durch ihre lebenser­hal­tende oder lebens­bedro­hende Wirkung als Zeichen göt­tlich­er Ein­flussnahme auf men­schliche Geschicke.

 

Bei­de, die mythol­o­gisch-religiöse und damit kul­turgeschichtlich ver­ankerte Beziehung zum Wet­ter wie die mete­o­rol­o­gisch-natur­wis­senschaftliche – heute von den ökol­o­gis­chen Fol­gen des men­schengemacht­en Kli­mawan­dels dominierte – Auseinan­der­set­zung mit seinen Geset­zmäßigkeit­en, fan­den ihren Nieder­schlag in ein­er reich­halti­gen ästhetisch-kün­st­lerischen Pro­duk­tion. Mit bild­ner­ischen, musikalis­chen, per­for­ma­tiv­en und lit­er­arischen Mit­teln haben Kün­st­lerin­nen und Kün­stler die Aus­druck­skraft der Ele­mente wie die Möglichkeit­en ihrer gestal­ter­ischen Insze­nierung auf beein­druck­end vielfältige Weise ins Werk geset­zt. Beson­ders die Erschei­n­ungsweise und Atmo­sphäre ein­er Land­schaft wird durch Wet­ter­phänomene bee­in­flusst, lösen diese doch neben sit­u­a­tiv­er Betrof­fen­heit, Anmu­tun­gen oder Ges­timmtheit­en im Men­schen aus. Am Wan­del der Atmo­sphäre und dem damit ein­herge­hen­den Wech­sel von Stim­mungen sind stets mehrere Fak­toren beteiligt. Wolken­bil­dung verän­dert nicht nur die Hel­ligkeit, son­dern auch das Farb­spek­trum. Wind hinge­gen set­zt als unsicht­bare Kraft Wolken, Wass­er und Veg­e­ta­tion in Bewe­gung und trägt damit zur Dynamisierung oder Drama­tisierung bei.

Das Wet­ter kann fol­glich nicht nur Begleit­er­schei­n­ung, son­dern auch Beweg­grund bild­ner­isch­er Pro­duk­tion sein. In diesem Fall wird Land­schaft zum Ort, der dem Wet­ter eine Bühne bietet. Auf ihr wer­den Ereignisse der Wit­terung mit zeich­ner­ischen, malerischen oder fotografis­chen Mit­teln insze­niert. Ob die dabei entste­hende Stim­mung Men­schen ergreift, hängt zu nicht geringem Teil von den darstel­lerischen und kom­pos­i­torischen Fer­tigkeit­en der­er ab, die das Land­schafts­bild im Bewusst­sein sein­er Wirkung erschaf­fen. Beson­dere Visu­al­isierungsstrate­gien erfordern über Land oder Meer ziehen­den Winde und Stürme, lassen sie sich als unsicht­bares Phänomen doch in der Regel einzig anhand von Begleit­er­schei­n­un­gen und Ein­wirkun­gen auf die Land­schaft wiedergeben.

Bild­ner­isch dargestellte Windereignisse ste­hen im Mit­telpunkt der Beiträge dieser Aus­gabe zum The­ma Wet­ter. Die Autorin­nen unter­suchen, wie Wirkung und Aus­druck­skraft von Wind und (Un)Wetter ins Werk geset­zt und mit Bedeu­tungszuschrei­bun­gen, Grund­stim­mungen oder Sin­nge­bun­gen aller Art aufge­laden wer­den. So stellt Silke Köhn in ihrem Beitrag „Schiff­bruch vor Zuschauer: Die See und ihre Naturge­wal­ten in der Kun­st“ nicht nur eine Rei­he beein­druck­ender Bilder von Schiff­shavarien vor. Sie fragt zugle­ich nach den Beweg­grün­den für die lokale und tem­poräre Beliebtheit des Sujets, das atmo­sphärisch vom drama­tisierten Zusam­men­spiel zwis­chen Wellen, Wolken und Licht lebt und neben zeit­geschichtlichen auch mythol­o­gisch-religiöse und damit kul­turgeschichtliche Bezüge aufweist. Begin­nend bei der Odyssee schlägt die Autorin einen weit­en Bogen über Bilder von Sturm­fluten und Riesen­wellen und stellt neben his­torischen Hin­ter­grün­den etwa von Ger­i­caults Floß der Medusa (1819) die Kun­st­fer­tigkeit und Raf­fi­nesse kom­pos­i­torisch­er Insze­nierung bei weniger bekan­nten Malern wie Andreas Achen­bach (1815–1910) oder Ivan Kon­stan­ti­novich Aiva­zovsky (1817–1900) her­aus. In deren beein­druck­enden Bildern wer­den Wolken und Wellen zu Seis­mo­graphen des Windes. Neben der kun­sthis­torischen Einord­nung exem­plar­isch­er Werke erschließt Silke Köhn zugle­ich jene rezep­tion­säs­thetis­che Per­spek­tive, die das vor dem Bild eines Schiff­bruchs aus sicher­er Posi­tion nacher­leb­bare Gefühl des Aus­ge­setz-Seins im 19. Jahrhun­dert salon­fähig machte.

Zu den gefahrvoll­sten, kurzzeit­i­gen Wet­ter­ereignis­sen gehören Wirbel­stürme. Was sie vor anderen Winden ausze­ich­net und als bild­ner­isches Motiv so attrak­tiv macht, ist die außergewöhn­liche Art ihres Her­vortretens, ihr visuell wahrnehm­bares Sich-Bilden. Petra Kathke geht dem allmäh­lichen Abheben eines Tor­na­dos vom stür­mis­chen Geschehen ring­sumher nach, bei dem die extrem schnelle Rota­tion des Windes eine Him­mel und Erde verbindende „Wolken­säule“ erzeugt, die Men­schen als wirk­mächtiges Bild lange vor Beginn der Wet­ter­aufze­ich­nun­gen beobachtet, beschrieben und dargestellt haben, und set­zt sie in Analo­gie zu Ger­not Böhmes Ekstasen-Begriff. Die Autorin unter­sucht die Fasz­i­na­tion des Fotografierens und Fil­mens von Tor­na­dos durch soge­nan­nte stormhunter aus raum-zeitlich­er und phänom­e­nol­o­gis­ch­er Sicht und reflek­tiert die Her­aus­bil­dung des außergewöhn­lichen Wind-/ Wolkenereigniss­es durch Bezug­nahme auf ontol­o­gis­che Aspek­te, Fra­gen zu Bildgestalt und leib­sinnlich­er Wahrnehmung sowie das Erzeu­gen von Atmo­sphären. Den gestal­ter­ischen Umgang mit Wind knüpft sie an das Bedürf­nis nach kör­per­lichem Erleben und leib­lichem Spüren. Zugle­ich führt Petra Kathke exem­plar­isch vor Augen, welche bild­ner­ischen, per­for­ma­tiv­en und medi­alen Mit­tel Kün­st­lerin­nen und Kün­stler seit der Klas­sis­chen Mod­erne einge­set­zt haben, um Wirk­weise und Aus­druck­skraft von Wind und Wolken ins Werk zu set­zen und mit Bezug auf das aus den Fugen ger­atene ökol­o­gis­che Gle­ichgewicht erfahrbar zu machen.

Auf das bei Weit­em unaus­geschöpfte Poten­zial der Wet­ter-The­matik für ästhetis­che Bil­dung­sprozesse ver­weist der Beitrag von Jas­min Meller. Ihre didak­tis­che Reflex­ion ein­er Unter­richt­sein­heit im Fach Kun­st verdeut­licht, wie Gespür und kör­per­lich­es Empfind­en von Grund­schulkindern in Gestal­tungsvorhaben zu Wet­ter­ereignis­sen ein­fließen kön­nen. Im Kun­stun­ter­richt der Autorin führt der beson­dere Ein­satz bild­ner­isch­er Mit­tel nach per­for­ma­tiv­er Verge­gen­wär­ti­gung zu ein­er beein­druck­enden Syn­these zwis­chen der Visu­al­isierung des sit­u­a­tiv­en Erlebens und dem indi­vidu­ellen Spüren des einzel­nen Kindes, dessen fotografis­ches Ich sich der Wit­terung im Bild aus­set­zt.

 

 

 

  • 11. Januar 20253. November 2025
Schiffbruch vor Zuschauer. Die See und ihre Naturgewalten in der Kunst
Neu erschienen:
© ZAeB
Theme by Colorlib Powered by WordPress