Nachruf Prof. Dr. Gundel Mattenklott
Die Literatur- und Erziehungswissenschaftlerin Gundel Mattenklott, Mitgründerin und -herausgeberin der ZÄB, deren kunstübergreifende sowie Kunst, Pädagogik und Wissenschaft verbindende interdisziplinäre Themensetzungen sie nachhaltig prägte, ist am 20. April 2024 nach langer Krankheit verstorben.
Gundel Mattenklott war von 1992 – 2012 als Professorin und Leiterin des Fachgebiets der Musisch-Ästhetischen Erziehung an der Universität der Künste Berlin tätig, an der sie auch als Vizepräsidentin wirkte. Im Rahmen ihres Arbeitsschwerpunkts ästhetischer Bildungsprozesse thematisierte sie Fragestellungen, die den Künsten im Plural galten und diese in ein Verhältnis zu Kindheit, Biografie und künstlerischen Schaffensprozessen setzten. Zentrales Element ihrer Forschungen bildete das Interesse an der kindlichen Perspektive, die sie in literarischen Kindheitserinnerungen wie in der Kinderliteratur selbst aufspürte und zur Geltung brachte. Hier berührten sich ihre beiden Qualifikationsbereiche – Literaturwissenschaft (Promotion) und Erziehungswissenschaft (Habilitation) – als zwei Felder, an deren Schnittstelle sie den Zugang zu Fragen der Ästhetischen Bildung verortete.
Eine wichtige Station von Gundel Mattenklotts Tätigkeit an der UdK bildete das Graduiertenkolleg zur Praxis und Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses, an dessen Beantragung und Durchführung sie maßgeblichen Anteil hatte. Doktoranden und Postdoktoranden zu fördern und das Forschungsfeld rund um Fragen ästhetischer Erfahrung in der Kindheit zu erweitern und zu vertiefen, beides gelang ihr auf nachhaltig prägende Weise.
Im Rahmen ihrer Professur für das Fachgebiet der Musisch-Ästhetischen Erziehung entwickelte Gundel Mattenklott ein Curriculum für ästhetisches Lernen in der Grundschule, in dem sie die Auseinandersetzung mit Kunstwerken und Kunstrichtungen aus ihrer jeweiligen Verwandtschaft mit kindlichen Erlebnis- und Spielwelten herleitete. (Grundschule der Künste 1998) Mit Fragen danach, wie Kinder in die Künste eingeführt werden können, beschäftigte sie sich bereits 1979, als sie die Kinderkunstschule KuMuLi in Berlin Wilmersdorf gründete und bis 1985 auch leitete.
In Gundel Mattenklotts hochschuldidaktischem Ansatz spielte die Einbeziehung der Kindheitserinnerungen von Studierenden eine besondere Rolle. Sich dem eigenen Erleben schreibend anzunähern, sensibilisiert, davon war sie überzeugt, für ästhetische Erfahrungen auf der einen und das Medium Schrift auf der anderen Seite. Studieninhalte, die sie für angehende Grundschullehrende einführte, waren auch für ihre eigene Arbeit bedeutsam, bei der Forschen und Schreiben unmittelbar zusammengehörten. Ihr Interesse an biografischer Reflexion und künstlerischem Schaffensprozess zeigte sich nicht zuletzt im ästhetisch anspruchsvollen Stil ihrer wissenschaftlichen und feuilletonistischen Texte. Gundel Mattenklotts Erfolg als Rezensentin von Kinder- und Jugendliteratur – sie war in zahlreichen Fachzeitschriften sowie auch in der Süddeutschen Zeitung (1993–1996) und der Frankfurter Allgemeinen (1991–2006) als Rezensentin tätig – gründete auf diesem stilistischen Können.
Nicht nur das Herausgeber_Innenteam der ZÄB, sondern auch alle, die sich in Forschung und Lehre dem ästhetischen Erleben in der Kindheit sowie Fragen künstlerisch-kultureller Bildung widmen, verlieren mit ihr eine kluge und weitblickende Mentorin, eine einfühlsame und humorvolle Gesprächspartnerin, die in ihrer Belesenheit nicht mit großen Gesten, sondern dem sachlichen Argument zu überzeugen vermochte