DRACH von Szczepan Twardoch und Aleksander Nowak. Ein schlesisches Dramma per musica vom Schweine- und von Menschenschlachten[1]
Mit Hilfsgütern begibt sich Szczepan Twardoch immer wieder von Polen aus an die ukrainische Front. Da geschieht heute, was in Twardochs 2014 auf Polnisch, 2016 auf Deutsch erschienenem Roman Drach noch Jahre her war.[2] Drach spielt zwischen 1241[3] und 2014 und könnte doch zu anderer Zeit und immer wieder spielen. Der Ort des Romans ist Oberschlesien, aber eigentlich auch Sedan, Verdun und andere Orte menschengemachten Unglücks. Aus Satzfetzen seines Romans erstellte Twardoch das Libretto zum gleichnamigen Dramma per musica Drach, die Musik dazu schrieb Aleksander Nowak. Nowak ist gleich alt wie Twardoch, beide wurden 1979 geboren,[4] beide verstehen sich als Schlesier. Nowak leitet seit 2020 die Abteilung Komposition und Musiktheorie an der Kattowitzer Musikakademie, Twardoch ist ein Star der polnischen Literatur. Uraufgeführt wurde Drach 2019,[5] als vermutlich erste Oper, in der auf Schlesisch bzw. Schlonsakisch gesungen wird, jener vor allem in Oberschlesien verbreiteten Mischung aus Polnisch, tschechischen Elementen und einigen Germanismen. Die vom Auksodrone Festival im oberschlesischen Tychy beauftragte erste Kooperation zwischen Twardoch und Nowak bildet mit den Stücken Syrena (2020) und Pokora (2021) eine Trilogie.[6]
Wie komponiert man zeitgebundene Zeitlosigkeit? Wie komponiert man ortsgebundene Ortlosigkeit? Thema des Stücks ist die ewige Wiederkehr des Immergleichen, vorgeführt auf schlesischem Boden. Literarische und musikalische Flashbacks liegen nahe; es kommt zur Absorption älterer und neuerer Musiksorten. Einige dieser Rekurse auf Vorfindliches werden in diesem Beitrag exemplarisch hinsichtlich ihres kompositionstechnischen Funktionierens und ihres dramaturgischen Sinns diskutiert. Beim Dramma per musica Drach lassen sich die Elemente der Rekurse auf zwei Achsen abtragen: der Achse von historischer Nähe und Ferne sowie der gewissermaßen geografischen Achse von Lokalem und Überregionalem. Pauschal ist das Stück durch zwei Arten von Rekursen charakterisiert, auf der einen Seite geografisch übergreifende Bezüge auf die europäische und zugleich historisch entfernte Musiktheatertradition der frühen Neuzeit, auf der anderen Seite Rückgriffe auf neuere, diesmal lokale Komponiertraditionen, hier auf Musik von jenem oberschlesischen Landstrich, an dem das Stück spielt.
Trias des Personals und Trias der Sprachen
Der Vermessung und Kartierung historischer und geografischer Rekurse in Drach seien Bemerkungen zu zwei Konstellationen vorausgeschickt, die für dieses Dramma per musica grundlegend sind: erstens ein Überblick über dessen Personal und zweitens eine Information zu den Sprachen des Librettos. Zum Personal: Die drei Stimmen des Stücks – eine weibliche (Sopran), eine männliche (hoher Bariton) und ein Counter – sind in der Partitur nicht mit Personennamen, sondern mit Piktogrammen für weiblich, männlich und geschlechtsneutral bezeichnet und von oben nach unten in der angegebenen Reihenfolge gelistet, also nicht konsequent nach der Tonhöhe. Man mag das als Zeichen für das Zurücktreten musikbezogener Reglements gegenüber literarisch-semantischen sehen – wie es prinzipiell für das frühe Dramma per musica des 17. Jahrhunderts typisch war. Einer Eigenart des im frühen 20. Jahrhundert entwickelten epischen Theaters folgt indes, dass die Stimmen von Drach nicht mit seinem Personal identisch sind: Jede Gesangsstimme leiht ihre Stimme mehr als einer Figur. Die männliche Stimme gehört einem Rehkitz, dem an Seele und Empfinden kriegslädierten Josef Magnor und (etwas undeutlich) wohl auch Nikodem Gemander, seinem Nachfahren in der Gegenwart. Zu den Figuren, die sich die weibliche Stimme teilen, gehören eine Ricke (die Rehmutter), Josefs Mutter, seine Geliebte Caroline und (etwas undeutlich) wohl auch seine Frau Valeska. Die dritte Stimme identifiziert die Partitur nur mit einer Figur, mit Drach, der allwissenden schlesischen Erde.[7] Drach ist zugleich weiblich (Mutter Erde) und männlich (Vaterland) und darum mit einer hybriden Stimme besetzt, einem Counter. Der Verlag bewirbt das Stück so: Geschrieben von zwei Söhnen Schlesiens, reduziere Twardochs und Nowaks Drach das Schlesische nicht auf seichte Folklore, sondern grabe tiefer, unter der Erde aus Schlamm und Kohle, Liebe und Leichen und in dem kollektiven Unbewussten, wo Drach lebe, ein Geschöpf, das alles sehe, fühle und höre. Mit Drach würden spezifische, lokale und vertraute Orte und Gestalten in die universelle Sphäre des Mythos transferiert.[8] Das einzeln über Nowaks Homepage zugängliche Libretto des Stücks gibt der geschlechtsneutralen Stimme den Doppelnamen Drach-Pindur. In Anlehnung an den antiken Chor erzählt und kommentiert diese Figur. Der zweite Teil des Doppelnamens gehört der Romanfigur Josef Pindur, einem verrückten (und deshalb die Wahrheit sagenden) Greis. Über dreißig Jahre bevor 1906 die eigentliche Geschichte von Drach startet – mit dem Schlachten eines Schweins –, war Pindur im deutsch-französischen Krieg, Fetzen einer preußischen Uniform hängen noch an seinen Gliedern, der Schrecken des Krieges sitzt ihm in den Gliedern. Eine intertextuelle, lautliche Assoziation mit dem Namen der Figur ist Pindar, dessen Oden ja choreografierte Kantaten aus Worten, Musik und Tanz waren – ein verhüllter Fingerzeig auf die mediterrane Antike im zweiten Teil der Trilogie, dem ewigen Melodram Syrena.
Vorausgeschickt sei der Erörterung von musikalischen Rekursen außerdem eine Anmerkung zum Einsatz der drei Sprachen des Librettos: Polnisch, Schlesisch und ein klein wenig Deutsch. Die Sprachen sind nicht den Gesangsstimmen zugeteilt, jede der drei Stimmen singt in jeder der drei Sprachen.[9] Aber die Sprachen gehören (nicht immer ganz deutlich) doch zu Figuren (über deren Stand und Herkunft): Wo die weibliche Stimme das Stadtmädchen Caroline verkörpert, singt sie hauptsächlich Deutsch, wo sie Josefs Mutter ist, singt sie Schlesisch, so auch dort, wo die weibliche Stimme die Ricke verkörpert, neben Hirsch, Rehkitz, Hund, Schwein, Erpel und wohl Drach selbst eines der Tiere, die im Libretto vorkommen: Tiere sind wie Menschen, heißt es; und weiter sogar: „Der Baum und der Mensch sind ein und dasselbe“.[10] Das singt die weibliche Stimme auf Deutsch im Eröffnungsterzett von Drach. Die Trias des Personals und die Trias der Sprachen bieten sich für die Verbindung mit drei musikalischen Stilen an. Nowak nutzt diese Offerte des Librettos nicht, stattdessen komponiert er eine über das gesamte Stück hinweg durchgehaltene musikalische Gegenwartsprache, in die unterschiedlichen Rekurse eingelassen sind. Mal diese, mal jene ältere Stileigenart schwappt hoch – je nach dramatischem Verlauf.
Zur Trias von Personal und Sprachen passt aber pauschal die musikalische Form. Auf eine Zusammenfassung der Story von Drach, einer das 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart des Jahres 2014 überspannenden schlesischen Familiengeschichte, soll hier verzichtet werden, zumal das Libretto nur noch eine Ahnung von der Geschichte übriglässt, um Atmosphärisches einzufangen. Viel Gewalt ist im Spiel, viel Politik im Hintergrund. Maßgeblich für Nowaks Auswahl musikalischer Techniken dürfte aber das Generalthema gewesen sein: die Wiederkehr des Immergleichen, im Libretto (wie im Roman) realisiert mit „Schleifen, Wiederholungen und Parallelmontagen“.[11] Nowak charakterisierte sein Dramma per musica als dreiteilig zirkulär.[12] Zwar blieb von den kunstvollen Zeitsprüngen des Romans im viel kürzeren Libretto wenig übrig, aber es gibt über Reprisenformen das einfache musikalische Mittel der Rückkehr in den Anfang. Passend zum Generalthema der Wiederkehr kommt zusätzlich zum kammermusikalischen Instrumentarium ein Looper vor. Drach bedient ihn: Der Counter nimmt kurze Abschnitte seines eigenen Gesangs auf und lässt den Looper das Aufgenommene mehrfach abspielen, während er fast ähnlich weitersingt, sodass er sich selbst heterophon begleitet.
Gattungsfrage: Dramma per musica
Nowaks musikalische Flashbacks betreffen gattungstheoretische Aspekte und einzelne Satztechniken. Wo ich Revitalisierungen vom Altem bespreche, die mit der Gattung des Dramma per musica zusammenhängen, werden einzelne satztechnische Aspekte einbezogen. Wo es um Rückgriffe auf die neuere schlesische Musikgeschichte geht, bleiben Gattungsfragen ausgeklammert, nur noch Fragen der Textur werden erörtert.
Wie Drach tragen auch die anderen beiden Teile der Trilogie auf Libretti Twardochs italienische bzw. pseudolateinische Gattungsbezeichnungen: Syrena heißt im Untertitel Melodramma aeterna. Nowak stufte das Stück als (nicht-szenische) Oratorien-Kantate ein, an anderer Stelle indes als Oper.[13] Es gibt aber keine Szenenanweisungen, keine Notizen für Bühnenbild oder Kostüme. Syrena ist klein besetzt: Die nur drei Sänger mit denselben Stimmlagen wie in Drach (Sopran, Bariton, Counter) werden begleitet von Saxophonen, Gitarre, Klavier und Streichern. In Pokora, dem finalen, als Dramma giocoso klassifizierten Trilogieteil, singen zwei Stimmen (Sopran und Bariton), und mit einem Akkordeon und Streichern ist er noch etwas kleiner besetzt.
Auch Drach wird – auf Nowaks Homepage – als Oper geführt, an anderer Stelle wiederum als Oratorien-Kantate („oratoryjno-kantatowe“),[14] womit das Stück explizit nicht unter die als szenisch bezeichneten Stücke aufgenommen ist (in der Kategorie „szenisch“ führt Nowak drei andere Werke an). Entsprechend fehlen auch in Drach Szenenanweisungen und Notizen für Kostüme oder Bühnenbild. Ohnehin hätte aufgrund der Nichtübereinstimmung von Stimme und Figur Szenisches erst definiert werden müssen, beispielsweise nach Wsewolod Meyerholds Modell einer längst klassisch gewordenen russischen Avantgarde der 1910er Jahre: Von ihren Stimmen (im Orchestergraben) wären die (auf der Bühne) pantomimisch agierenden Personen getrennt. Wo von derselben Stimme mehr als eine Figur gesungen wird, würde die szenische Aufführung das Verschwimmen der Identitäten optisch (aber nicht akustisch) aufheben, zumal wenn sie charakteristisch kostümiert aufträten (wenn beispielsweise bei der Sopranstimme die Ricke anders „gekleidet“ wäre als Josefs Mutter und diese wieder anders als das Stadtmädchen Caroline).
Die Gattungsbezeichnung Dramma per musica verweist aber nicht auf die experimentelle Dramatik des frühen 20. Jahrhunderts, sondern auf die frühe Geschichte der Oper. Aufgekommen in der Mitte des 17. Jahrhunderts, war mit dem Terminus Dramma per musica zunächst nur das Libretto gemeint, und zwar das Libretto eines Stücks, das in den Bereich der Opera seria gehörte.[15] Die Gattungsbezeichnung legte den Akzent auf das Wort. Dazu passt bei Nowaks Dramma per musica, dass die drei Teile von Drach – wie in einem Roman – Kapitel heißen. Ein Moment, das die Gattung bestimmt, ist in vielen Fällen das Instrumentarium. Die Besetzung ist wiederum als Gattungsbestimmung nicht hinreichend, sie situiert das Dramma per musica aber ein stückweit historisch. Nowak charakterisiert die Besetzung von Drach als „roh“, diese „rohe“ Besetzung stelle den Bezug auf erste musikalische Dramen her.[16] Das Ensemble besteht aus fünf gering besetzten Streicherparts[17] plus Cembalo, letzteres eine ähnlich deutliche Anleihe an ältere Musik wie die Besetzung eines der drei Gesangsparts mit einem Counter und die sich damit einstellende Assoziation von Kastratenpartien.
Zu den ersten Beispielen nicht nur pauschal für relativ frühe Opern, sondern für solche, die tatsächlich Dramma per musica hießen und in denen es eine Kastratenpartie gab, zählen die gut ein Dutzend ab 1650 entstandenen Drammi per musica von Francesco Cavalli, darunter La Calisto (1651) und Erismena (1655). Letzteres Dramma per musica wurde 2017 in Aix-en-Provence neu und spektakulär auf die Bühne gebracht. Der polnische Counter (und Breakdancer) Jakub Józef Orlińki sang dort die Rolle des Orimeno, die Rolle des Hirten Endimione aus La Calisto sang er bereits 2016 in einer New Yorker Aufführung.[18] Solche Revitalisierungen früher Drammi per musica in der Gegenwart haben Nowak womöglich angeregt. Das sich einstellende intertextuelle Moment von Drach ist nicht nur insofern intertextuell, als (Julia Kristeva zufolge) jeder Text Absorption und Transformation eines anderen Textes ist, womit Intertextualität prinzipiell unvermeidbar wäre und Autor*innen bzw. in diesem Fall dem Komponisten unterlaufen würde, auch wenn er sein Werk für durch und durch eigen hielte. Aber Nowak absorbiert und transformiert vorhandene Notentexte in Drach aktiv, und dass das eine freiwillige Dreingabe intakter Autorschaft bedeutet,[19] passt zum Thema des Stücks: der Wiederkehr des Immergleichen, über Zeiten, Orte und über Individuelles hinweg. Die Musik von Drach wurde von anderen Stücken mitgeschrieben. Nowak macht die Porösität seiner Autorschaft explizit, er versteckt die Anleihen an frühe Drammi per musica nicht. Außerdem übte er sich offenbar in einer Produktionsart, die schon manche frühe Opernkomponisten praktizierten: dem Schnellschreiben.[20] Diese musikalische Hervorbringungsweise hat den Vorteil, dass sie das Einfließen erleichtert bzw. dass sie Einfluss nicht bremst. Auch gewährt sie dem Text (dem Dramma, hier Twardochs Libretto) gerne den Vorrang. Vorteilhaft ist außerdem, dass zu den Eigenarten des frühen Dramma per musica perennierende Transformationen von lange Zeit über fast Gleichbleibendem gehören, so dass das Verfahren und dessen Gegenstand sich ähneln. Verfahren und Gegenstand der Absorption und Transformation beruhen auf einer positiv besetzten Ich-Schwäche. Als Spielfelder, auf denen Absorption und Transformation günstige Bedingungen haben, treten zwei Textursorten besonders hervor: lang gehaltene Klangflächen (ähnlich jenen vom monodischen Generalbass bestimmten Passagen bei Cavalli) und wiederkehrende, in sich eher fest gefügte und meist aus Skalen gebaute Versatzstücke. Solche Ostinati wachsen sich zu Passacagliaähnlichem aus.
Skalen, Ostinati und ein Harmoniemodell
Die solistische Cembalokaskade, mit der Drach beginnt, mündet in ein fis, das grundierend tickt und minutenlang repetiert wird (Partiturseite 10–21); im letzten Drach-Kapitel bleibt das klingende C1 der Kontrabässe plus C im 3. und 4. Cello über dreizehn Partiturseiten hinweg als Pedalton liegen (S. 134–147, 3. Kapitel). Dieses Kapitel ist ansonsten von teilchromatischen Skalen durchzogen. Weil die einzelnen Skalentöne oft lange liegen bleiben, fügen sie sich kaum noch gestalthaft zusammen, sie sind nur noch eine Halterung im Klanghintergrund. Beim Ansteigen wechseln die Skalenstufen umso schneller, je höher die Töne werden. Vom klingenden C1 schreitet die Skala, in der Oberoktave zunächst von den Celli halbtönig verschmutzt und mit anfangs intermittierendem Vor und Zurück, 25-mal meist halbtönig aufwärts bis zum klingenden f der Kontrabässe (ab S. 159, 3. Kapitel, T. 128), bei ihrer zügigeren Wiederholung sogar noch 16 Halbtonschritte weiter hinauf bis zum klingenden a1 (S. 176, 3. Kapitel, T. 191).
Eine (der zirkulären Idee entsprechend) diesmal abwärts gerichtete Skala klingt gleich im ersten Kapitel. Sie ist nach dem tickenden fis zunächst als Bass des Cembalosatzes, teils von Streichern gedoppelt, über vier Takte hinweg zu hören (S. 22, 1. Kapitel, T. 69–72). Modell dürfte der in Passacaglien häufig anzutreffende, von der I. zur V. Stufe absteigende Bass gewesen sein. Hier schreitet er viel weiter hinab, sogar bis unter die Oktave des Anfangstons. Absolviert werden die Schritte diatonisch mit einer lydischen Skala, nur an vorletzter Position ist ein Schritt ausgelassen: d–cis–H–A–Gis–Fis–E–Cis (siehe Notenbeispiel 1[21]).

Soweit sie nicht als Durchgang erscheinen (wie die Töne cis und Gis), sind die Skalentöne poppig krude und keineswegs parallelenfrei mit Dur- und Molldreiklängen in Grundstellung harmonisiert: D-Dur, h-Moll, A-Dur, fis-Moll und E-Dur. Zweimal wird die Harmonie angereichert durch Töne, die vom vorigen Akkord her liegenbleiben, und zwar dort, wo sich lydisch-diatonisch Dur-Dreiklänge über dem grundierenden Skalenton bilden und der liegenbleibende Oberstimmenton eine große Sexte ergibt. Dabei bleibt der Ton nur liegen, wenn der vorausgehende Skalenton mit einem Dreiklang in Grundstellung harmonisiert war (also nicht nach den durchgängig verwendeten Skalentönen cis und Gis). A-Dur ist darum mit dem Ton fis und E-Dur mit dem Ton cis angereichert, im vorausgehenden Molldreiklang jeweils den Quinten. Mit den plagalen Akkordschritten h-Moll ⇨ A-Dur und fis-Moll ⇨ E-Dur entstehen Anklänge an den (für das 17. Jahrhundert ikonischen) Parallelismus (bzw. das Romanesca-Modell), demzufolge nach A-Dur D-Dur und nach E-Dur A-Dur erschienen wäre.
Das Modell der solcherart harmonisierten lydischen Skala taucht insgesamt viermal auf (siehe wieder Notenbeispiel 1), beim letzten Mal etwas zerfleddert, auch ist die Skala nun in die Oberstimme des Cembalosatzes gelegt. Anschließend kehrt die Musik zum repetierten fis zurück (S. 26). Gegen Ende des ersten Kapitels (ab S. 61, 1. Kapitel, T. 237–241) erscheint die lydische Skala von d abwärts noch fünfmal, wie in einer Passacaglia bei jedem Durchlauf mit gleich vielen Takten. Am Ende des dritten Kapitels (ab S. 194) gibt es nochmals drei Durchläufe der abwärtsschreitenden Skala.[22]
Die Nähe dieser Satztechnik zu konkreten historischen Modellen sei an einem Beispiel aufgezeigt. Passacagliaartiges kommt in Cavallis Drammi per musica immer wieder vor. Selbst Arien, denen kein Passacaglia-Modell zugrunde liegt, sind weitgehend von skalenhaften Bässen grundiert. In der zweistrophigen Arie des Hirten Endimione aus La Calisto ist zunächst ein doppelter steigender Durchlauf der zweiten Quintspezies zu hören (siehe Notenbeispiel 2, dort T. 1–4, diatonisch d–a), es folgt ein skalenweiser, mit einer Oktavbrechung ansetzender Abstieg von d / d’ aus, jetzt über das b, die tiefe Variante der Doppelstufe, diatonisch abwärts und wie bei Nowak einen Ton über die Oktave hinabreichend (d/d’–c’–b–a–g–f–e–d–c).

Während Nowak mit der lydischen Skala ein hypertrophes Dur einführt, verwendet Cavalli das für dieses Arien-Genre übliche Dorisch. Im Unterschied zu Nowaks kruder Version harmonisierte der viel und schnell schreibende Cavalli die absteigende Skala ganz regelmäßig und entsprechend den Standards der älteren Oktavregel: Der erste und letzte Skalenton ist jeweils Grundton von Dreiklängen (d-Moll und C-Dur), und über den mittleren Skalentönen entsteht eine Sextakkordkette. Beim sechsten und achten Skalenton (f und d) schickt Cavalli der Sexte noch eine Quinte voraus (c-d über f und a–h über d).
Nah und lokal. Oberschlesische Traditionen
Mit der Absorption von Gattungskonventionen früher Drammi per musica und von Allerwelts-Satzmodellen älterer Musik, von denen die Textur durchschossen ist, gelingt es Nowak, in zwei Richtungen kurzzuschließen. Er schreibt sein Stück ein in Überregionales und in Überzeitliches. Potenzierend wirkt, dass die Transformationen jene Rekurse aufgreifen, für die die italienischen Drammi per musica des mittleren 17. Jahrhunderts ihrerseits stehen: Revitalisierungen der mediterranen Antike (bzw. zeitgenössischer Vorstellungen von ihr). Die Wiege der europäischen (Schreckens-)Kultur wird in Syrena, dem zweite Trilogieteil von Twardochs und Nowaks Kooperation, explizit. Indessen gibt es in Nowaks Musik zu Drach eine zweite Sorte von Rekursen, die geografisch und historisch Übergreifendes aus dem Spiel lässt. Das immergleiche Schlachten von Drach geschieht doch auch in Schlesien und (fast) in der Gegenwart. Die schlesische Sprache des Librettos bringt Lokales, und die Musik absorbiert eine spezifisch schlesische neuere Musiksprache. Manche Passagen von Drach mögen pauschal und von außen betrachtet für polnische neuere Musik insgesamt typisch sein, beispielsweise jene Stellen, an denen begrenzte Aleatorik auftaucht und wo Nowak die durch Witold Lutosławski bekannt gewordene Schreibart mit eingekastelten Notenmengen verwendet. Aber Nowak bedient spezifischer eine neuere oberschlesische Komponiertradition, eine Tradition, die sich bei Komponisten ausgebildet hatte, die an der Kattowitzer Musikakademie und deren Vorgängerinstitution lehrten bzw. lehren, darunter Bolesław Szabelski (1896–1979), dessen Schüler Henryk Górecki (1933–2010) und dessen Enkelschüler Eugeniusz Knapik (*1951), sodann Bolesław Woytowicz (1899–1980), dessen Schüler Wojciech Kilar (1932–2013), Witold Szalonek (1927–2001) und Józef Świder (1930–2014) sowie Aleksander Lasoń (*1951), Schüler des Letzteren. Nowak selbst wurde Lasońs Schüler. Natürlich unterscheiden sich die Schreibarten dieser Komponisten, aber ist ihnen nicht ein bestimmter lokaler Ton oder eine besondere schlesische Webart gemeinsam? Ist es nicht, als spräche ihre Musik schlesisch? Ein Beispiel aus Drach möge zeigen, was ich mit dem Regionalsound meine. Außerdem lässt das Beispiel erkennen, was über den grundierenden Skalen noch passiert. Es ist dem dritten Kapitel entnommen und dient dort als Ausgangspunkt der erwähnten ersten ab C1 steigenden Skala (siehe Notenbeispiel 3[23]).

Die Situation des Ausschnitts innerhalb des Dramma per musica ist folgende: Gerade hat das dritte und letzte Kapitel begonnen, noch ist kein Gesang zu hören, auch das Cembalo schweigt. In zwei Anläufen spielen Streicherpaare wilde und ungenaue Imitationen. Beim dritten Anlauf fallen dann sämtliche Streicher des Kammerorchesters ein, entweder wieder wild imitierend oder mit Liegetönen. Weil erste und zweite Geigen, Bratschen und Celli geteilt sind (à due), kommt zusammen mit den Kontrabässen ein insgesamt neunstimmiger Streichersatz zustande. Anfangs halten die je zweiten Hälften der Streicherparts sowie die Kontrabässe quintig und wegen des tiefen Registers akustisch ziemlich dissonant Töne vom Vorausgehenden her aus: as, g, des, c sowie Unteroktaven dazu. Was die übrigen vier Stimmen spielen, ergibt eine fadenscheinige imitatorische Textur mit Einsätzen auf den Tönen h’’, b’, as’’ und a’. In eine Oktavlage gebracht und Set-artig sortiert, liegen die Einsatztöne halbtönig nebeneinander. Jede Stimme absolviert eine mit Hin- und Her-Bewegungen figurierte, (fast komplett) chromatische und über gut zwei Oktaven hinabreichende Skala. Der Anschein von Imitation wird dadurch erweckt, dass die Einsätze gestaffelt sind, tendenziell rhythmisch komplementär und gestisch gleich: Die Stimmen starten in jeweils höherem Register des jeweiligen Instrumentalparts mit ähnlichem Rhythmus, sie haben den gleichen dynamischen Grad und die gleiche Bewegungsrichtung. Die Passage zeigt eine vielleicht extra simple Version des Sonorismus arrivierter Vertreter dieser Schreibart. Gorétskys dritte, u.a. auf lokalen Texten basierende Symphonie, die Symphonie der Klagelieder op. 36, beginnt beispielsweise mit einem langen und langsamen imitatorischen Abschnitt der Streicher. Anders als Nowak schreibt Góretsky hier rein diatonisch (praktisch G-Dur) und rhythmisch ausgesprochen primitiv (es gibt nur Halbe, Viertel und Achtel). Ähnlich ist dennoch die klangliche Atmosphäre, hauptsächlich wegen der zweigeteilten Streicher, die es bei Góretsky auf insgesamt 10 Stimmen bringen. Weil die Textur etliche Parallelen aufweist, die phänomenal in Registrationen übergehen, kommt es nie zu einer echten Zehnstimmigkeit.
Drach glokal
Twardochs und Nowaks Zusammenarbeit an Drach war ein glokales Projekt: Es betont den Ortsbezug und die spezifische Herkunft nicht nur im Reden von ihr, sondern auch mit dem, was klingt: mit dem Klang der schlesischen Sprache und einer musikalischen Textur, die eine eigentümliche Avantgardetradition der Gegend um Kattowitz fortschreibt. Lokales wird aber überlagert und getragen von Musiksorten, die für Europäisch-Globales stehen und zugleich für historische Ferne. Modell war italienische Musik der frühen Neuzeit mit ihren Bezügen auf die mediterrane Antike. Dass sich die Autorschaft dabei verflüchtigt, hätte Drach gefallen: Wie Baum, Tier und Mensch dasselbe sind, so sind auch Cavalli, obereschlesisches Komponieren der letzten hundert Jahre und Twardoch/Nowak eins.
Literatur
Auksodrone Festival, Website, http://www.auksodrone.com/en/ (Stand: 14.10.2023)
Cavalli, Francesco: La Calisto. Partitur auf IMSLP, digitalisiert nach einem Exemplar in der Biblioteca Nazionale Marciana, Venedig (I-Vnm): Mss.It.IV.353, [1651]
Danuser, Hermann und Matthias Kassel (Hg.): Wessen Klänge. Über Autorschaft in neuer Musik, Mainz 2017.
Dubowy Norbert: Artikel „Dramma per musica“, Teil A, Abschnitte I–XII. In: MGG2, Sachteil, Bd. 2, Kassel – Stuttgart 1995, Spalten 1452–1479
Góretzky Henryk, Zitat aus dem Artikel „Henryk Góretzky“. In: Wikipedia (engl.), https://en.wikipedia.org/wiki/Henryk_G%C3%B3recki (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Drach. Dramma per musica. Partitur. Polskie Wydawnictwo Muzyczne (PWM), Krakau 2019, (Verlagsnummer PWM 12 490)
Nowak, Aleksander und Twardoch Szczepan: Mitschnitt von Drach. Dramma per musica auf YouTube:
- Kapitel: https://www.youtube.com/watch?v=FpqLKUM-wtw (Stand: 14.10.2023)
- Kapitel: https://www.youtube.com/watch?v=BQDjHY5gnI4 (Stand: 14.10.2023)
- Kapitel: https://www.youtube.com/watch?v=hWPTVWABhZc (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Personalseite auf der Homepage der Musikakademie Kattowitz, https://am.katowice.pl/akademia/informacje/nowak-aleksander-352 (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Übersicht über Opern/Musikdramatische Werke auf seiner Homepage: https://www.aleknowak.com/muzyka/c/opera-dramat (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Informationen über Drach. Dramma per musica, auf Nowaks Homepage: https://www.aleknowak.com/muzyka/v/drach-dramma-per-musica-na-solistow-smyczki-i-looper-2019 (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Informationen über Pokora. Dramma giocoso, https://www.aleknowak.com/muzyka/v/pokora-dramma-giocoso-na-sopran-baryton-akordeon-i-smyczki-2021 (Stand: 14.10.2023)
Nowak, Aleksander: Informationen über die Schauspielmusik zu Byk [Der Bulle],
https://www.aleknowak.com/muzyka/v/byk-muzyka-do-spektaklu-2022 (Stand: 14.10.2023)
Orlińki, Jakub Józef: Homepage, Liste früherer Engagements, https://jakubjozeforlinski.com/past-engagements/ (Stand: 14.10.2023)
Polskie Wydawnictwo Muzyczne (PWM): Informationen über Drach, https://pwm.com.pl/pl/sklep/publikacja/drach-dramma-per-musica,aleksander-nowak,24030,ksiegarnia.htm) (Stand: 14.10.2023)
Twardoch, Szczepan: Drach. Übersetzung aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Berlin 2016 (Taschenbuchausgabe Hamburg 2017).
Twardoch, Szczepan: Drach. Dramma per musica. Libretto, o. J., https://www.aleknowak.com/static/upload/store/Drach._Dramma_per_musica._Libretto.pdf (Stand: 14.10.2023)
Twardoch, Szczepan: Schlamm, Müdigkeit, Hoffnung und Tod – wie ukrainische Soldaten in der Schützengräben des Donbass ausharren. In: Neue Zürcher Zeitung (nzz) vom 18. März 2023. https://www.nzz.ch/feuilleton/ukraine-krieg-szczepan-twardoch-bringt-hilfsgueter-an-die-front-ld.1730385 (Stand: 14.10.2023)
Wunderlich, Dieter: Blog Buchtipps und mehr, Seite über Twardochs Drach, 2016, https://www.dieterwunderlich.de/Twardoch-drach.htm (Stand: 14.10.2023)
Gesine Schröder, geb. 1957, Professorin (Emerita) für musiktheoretische Fächer an der HMT Leipzig (1992–2023) und an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (2012–2022). 2017–2020 part time-Lecturer am Konservatorium Shanghai. Gastdozentin u.a. in Breslau, Paris, Santiago de Chile und Zürich. Mitglied im Beirat des rumänischen Journals revArt, des Journals der russischen Gesellschaft für Musiktheorie (OTM), von Musik & Ästhetik sowie einer Buchreihe der KuG (Graz). 2012–16 Präsidentin der Gesellschaft für Musiktheorie (gmth). Arbeitsgebiete: Kontrapunkt um 1600, Theorie und Praxis des Orchestrierens, der musikalischen Bearbeitung und Interpretation, Genderstudien, neue Musik.
[1] Der Beitrag geht aus einem Vortrag hervor, den die Verfasserin am 9. März 2023 bei der Konferenz Tradycje śląskiej kultury muzycznej / Traditions of Silesian Musical Culture an der Musikakademie Breslau gehalten hat und dessen (englische) schriftliche Ausarbeitung unter dem Titel Aleksander Nowak’s and Szczepan Twardoch’s Drach. A Silesian Collaboration with Flashbacks für die Veröffentlichung in der Konferenzschrift eingereicht wurde.
[2] Siehe z. B. Twardochs Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18.03.2023.
[3] In diesem Jahr verlor Heinrich der Fromme (bzw. Heinrich von Schlesien) in der Schlacht bei Liegnitz sein Leben (gegen das Mongolenheer). Schlesien wurde infolge der Niederlage anhaltend geschwächt und zersplittert.
[4] Siehe Nowaks Personalseite auf der Homepage der Musikakademie Kattowitz.
[5] Drach wurde von Filip Berkowicz, dem Kurator des Auksodrane-Festivals in Tychy, in Auftrag gegeben, wo das Stück auch uraufgeführt wurde. Siehe die entsprechenden Informationen auf der Website von Polskie Wydawnictwo Muzyczne (PWM). Es spielte das AUKSO genannte Kammerorchester der Stadt Tychy, unterstützt wurde die Entstehung des Stücks und dessen Aufführung über das Komponistenbeauftragungsprogramm von IMiT (Institut für Musik und Tanz). Angaben nach Nowaks Homepage, Abschnitt über Drach. Für das Stück wurden Preise vergeben, und zwar der Coryphaeus of Polish Music 2020 und der O!Lśnienia Preis 2021. Siehe die Website des Auksodrone-Festivals.
[6] Eine vierte Arbeit Nowaks zu einem Text von Twardoch bestand in der Musik zu dessen Schauspiel Byk [Der Bulle] (2022). Nowak bezeichnet das Schauspiel als monodrama. Siehe Nowaks Homepage, Abschnitt über Byk.
[7] Vgl. Nowaks Homepage, Informationen über Drach. Eine intertextuelle Beziehung zur allwissenden Erda aus Wagners Ring hat Nowak nicht hergestellt.
Als Stimme der Erde ist Drach das Pendant zur Stimme des Meeres aus Syrena, dem zweiten Teil der Trilogie von Twardoch und Nowak, nämlich der Figur Morze-Syrena. Im dritten Trilogieteil (Pokorny) bleibt das literarische Pendant des Titels, die Stadt Berlin, ohne Stimme. Die Trias Land – Meer – Stadt erinnert an Maurice Maeterlincks vom Japonismus inspiriertes Gedicht Les trois sœurs ont voulu mourir. Dessen Übersetzung ins Deutsche durch Friedrich von Oppeln-Bronikowski hat Alexander von Zemlinsky 1913 unter dem Titel Die drei Schwestern als erstes Lied seines Zyklus op. 13 mit Klavier- bzw. Orchesterbegleitung vertont.
[8] Nach der polnischen Version der Website Polskie Wydawnictwo Muzyczne (PWM). Dort wörtlich: „Obaj są synami tej ziemi, więc Drach Nowaka i Twardocha nie sprowadza śląskości do naskórkowo potraktowanego folkloru, ale sięga znacznie głębiej – pod ziemię uformowaną z błota i węgla, miłości i trupów oraz do kolektywnej podświadomości, gdzie żyje Drach. Stwór (smok), który wszystko widzi, czuje i słyszy. Dzięki niemu miejsca i byty szczególne, lokalne, swojskie przenoszą się w uniwersalną sferę mitu“.
[9] Der Bariton singt fast kein Deutsch; siehe jedoch die deutschen Wortschnipsel auf S. 95f. der Partitur.
[10] Vgl. S. 24ff. der Partitur; d.i. Kapitel 1, T. 79–86.
[11] Wunderlich, Blog „Buchtipps und mehr“.
[12] Siehe Nowaks Homepage mit Informationen zu Drach.
[13] Das Genus beim Adjektiv ist vertauscht (‚il melodramma‘ ist Maskulinum, es müsste also ‚aeterno‘ heißen). Zu Nowaks Einstufung als Oratorien-Kantate siehe seine Personalseite auf der Homepage der Musikakademie Kattowitz, zu Nowaks Einstufung als Oper siehe seine Homepage, Liste der Opern/ Musikdramatischen Werke innerhalb des Werkverzeichnisses.
[14] Siehe Nowaks Homepage. Als Oratorien-Kantate ist Drach auf der Homepage der Kattowitzer Musikakademie, Abschnitt Nowaks Personalseite, gelistet.
[15] Zur Geschichte des Begriffs und des Phänomens Dramma per musica siehe Dubowy.
[16] Nowaks Homepage, Informationen über Drach.
[17] Es gibt je sechs erste und zweite Geigen, je vier Bratschen und Celli sowie zwei Kontrabässe. Nicht selten sind die fünf Streicherparts à 2 geteilt, so dass es zuweilen zu einem bis zu zehnstimmigen Streichersatz kommt.
[18] Orliński hat die Erismena-Aufführungen auf seiner Homepage in der Rubrik „past engagements“ für den Dezember 2017 gelistet. Bereits im Februar 2016 trat Orliński – noch als Student – in La Calisto (1651) auf.
[19] Vgl. die Diskussionen in: Danuser / Kassel.
[20] Dies lässt sich z.B. bei Cavalli anhand der die schieren Zahl seiner Stücke und der Zeit, die er für deren Komposition hatte, nachweisen. Bei Nowak kann man es dem Ergebnis ablesen. „Schnellschreiben“ wäre ein musikbezogenes Pendant zum poetisch-literarischen Verfahren des Drauflosschreibens, siehe http://www.poeticon.net/drauflosschreiben
[21] Auf der über YouTube zugänglichen Aufnahme des 1. Kapitel bei Minute 5:30–6:50.
[22] Seitenlang tauchen weitere grundierende Skalen auf: Im 1. Kapitel gibt es ab S. 36 eine von Halteklängen unterbrochene Skala abwärts von G nach C, zunächst mit Tönen ohne Vorzeichen, dann noch dreimal teilchromatisiert (S. 46–47). Das 2. Kapitel ist weniger von Skalen durchzogen, die Skala von c abwärts (S. 76ff.) ist jetzt komplett chromatisch. Aufwärtsskalen ganztönig von C bis Gis, beschleunigend und später schrittweise höher ansetzend, gibt es auf den Seiten 92–105, dazu unregelmäßige Mixturen von Dezime plus Undezime plus Duodezime. Am Ende dieses Kapitels taucht von a aus eine (lückenhafte) Abwärtsskala auf. Im 3. Kapitel gibt es nach den beschriebenen beiden extensiven Skalen von C1 aus sowie vor den an den Anfang anknüpfenden und zugleich das Stück beschließenden drei Skalen von d abwärts eine Skala abwärts von fis bis E (S. 181–190).
[23] Auf der über YouTube zugänglichen Aufnahme des 3. Kapitel bei Minute 1:16–1:40.